Im Schaufenster der Buchhandlung Kraus lag dieser Tage neben vielen andern schönen Sachen eine Serie sarbiger Blätter von Jean Droit, die zu der Mappe «Plaisira Champêtres» gehören Eines davon trägt den Titel: La Chasse. Man sieht darauf zwei Herren und eine Dame in Ausübung des edeln Weidwerks.
Die Dame sieht im Vordergrund. Sie trägt einen hocheleganten dunkelblaugrauen Damenherrenanzug - oder Herrendamenanzug, wie Sie wollen, den sie vorteilhaft aussüllt.
Sie sieht da in jener raffiniert naiven Linie, die trotz eingezogenen Schultern und vorgewölbtem Schoß so überaus smart aussieht. Gott weiß, wie es die moderne Frau fertig bringt, diese verpönte Haltung die man früher mied, wie die Pest, mit eitel Anmut zu übergießen! Wenn sich früher ein junges Mädchen so hielt, fuhr die Mama auf es los und raunte: Mimy, halt dich gradel Und allgemein sagte man von weiblichen Wesen, die sich in dieser Haltung pröseniterten, sie glichen einem französischen S. Aber irgend jemand hat herausgefunden, daß die Frau nie weiblicher aussieht, als wenn sie sich hält, wie ein französisches S. Es ist auch vielleicht nur deshalb, weil ausschließlich die ganz Eleganten und Schlanken sich diese Herausforderung leisten dürfen.
Aber das ist alles Rebensache. Diese Frau tritt hauptsächlich als Jägerin in die Erscheinung. Sie hat einen Jasan geschossen, einen prächtigen Goldfasan, der mindestens so sarbenfroh aussieht, wie eine Landschaft von Rabinger. Der brave Tell, ein brauner Setter, apportiert den köstlichen Vogel, stolz auf seine Herrin, der er ihn schweifwedelnd und mit treuen Augen Beisall heischend präsentiert.
Und was tut sie? Sie müßte ihm den Fasan aus dem Maul nehmen, dem braven Tell die Backen tätscheln, ihn loben: Brav, Alter, das haben wir sein gemacht, wie!
Doch nein, nichts von alledem. Sendern sie hat die noch rauchende Flinte vor sich auf die Erde geworfen, sie hat ihr weißes Barist-Tüchlein aus der Brusttasche gezogen und ihr Gesicht hineinvergraben, es trinkt ihre Tränen, und die Ärmste schluchzt daß Gott erbarm vor hheißer, überwältigender Neue über den Mord, den sie an diesem wunderschönen Gottesgeschöpf begangen hat.
Sie hätte wahrscheinlich ohne die leisesten Skrupel einen Hut aufgesetzt, zu dem ein Goldfasan den Schmuck geliefert hätte. Aber es gibt ihrem Herzen einen Stoß, daß durch ihre Schuld das prächtige Tier, das eben noch lebensfrah in der Luft flatterte, jetzt mit gebrochenen Augen dem Hund im triefenden Waul hängt.
Inzwischen sieht man im Hintergrund den Mann mordgierig und bentelustie, ganz in seinem Jagdeifer aufgegongen, in langem Ausschreiten mit der Flinte im Anschlag auf ein Wild gleichsam losstechen.
Dieser verflixte Jean Droit! Er weiß sehr wohl, daß es männlich verrohte Amazonen gibt, die ohne mit der Wimper zu zucken jedes Wild zur Strecke dringen und auch nach einen Päan dar anstimmen, wie ihre Urmütter in den Wäldern. Aber nein, er malt uns die zartbesaitete Sensitive, deren Rerven mit Äolcharfentönen schwingen, die selber als Wildbret des Herren „Mann“ am vollkommensten ihren Daseinszweck erfüllt.