Original

25. Februar 1922

Die Trierer Blätter melden über einen eigenartigen Fall von Grenzschmuggel. Mehrere Luxemburger haben die Fischerei in einer Strecke des Grenzflusses Our zu beiden Seiten gepachtet. Beide Grenzstaaten sind zu gleichen Teilen an der Fischereiberechtigung beteiligt. Wenn die luxemburger Pächter Fische auf der deutschen Seite fangen, dürfen sie sie dort nach Belieben verkaufen, verschenken oder selbt verzehren, doch ist deren Ausfuhr nach Luxemburg verboten. Ein Fischer aus Wahldorf führt die Aufsicht. Als einmal im verflossenen Herbst ein besonders reicher Fang gemacht wurde, und einer der Pächter den nach der Mahlzeit im Gasthaus verbliebenen Rest von etwa 5 Kilogramm Fische im Auto mit nach Luxemburg nehmen wollte, wurde er an der Grenze von deutschen Zollbeamten gestellt. Gegen Hinterlegung einer Kaution von 200 Frankeu durfte er weiter fahren, die Fische wurden beschlagnahmt. Es folgte aber auch noch ein Strafverfahren gegen ihn wegen verbotener Ausfuhr von Lebensmitteln, auch gegen den Fischereiaufseher, der den Transport an die Grenze begleitet hatte. Das Schöffengericht Neuerburg bestrafte den Luxemburger mit einem Monat Gefängnis und 3000 Mark Geldbuße, den Fischereiaufseher wegen Beihilfe mit 3 Tagen Gefängnis und 3000 Mark. Die Strafkammer war nicht in der Lage, an dem Strafmaß eine Änderung vorzunehmen. Bei der Eigenartigkeit des Falles glaubte sie aber in anderer Weise eine Milderung eintreten lassen zu müssen. Bezüglich beider Angeklagten wird bei einer Bewährungsfrist von drei Jahren die Gefängnisstrafe ausgesetzt. Die Geldstrafen bleiben bestehen, der Luxemburger muß anstelle der Gefängnisstrafe innerhalb einer bestimmten Frist einen Betrag von 1000 Mark bei der Trierer Gerichtskasse einzahlen.

Es wäre an der Zeit, daß man drüben endlich diesen Zopf abschnitte. Man kann ja zur Not begreifen, daß Deutschland die Ausfuhr von Fischen aus Binnenwässern verbietet, obgleich auch dagegen geltend zu machen wäre, daß in den ländlichen Gegenden, wo die luxemburger Fischpächter ihre Forellen fangen, keine Nahrungsmittelnot besteht und hauptsächlich daß dieser Not durch das Ausfuhrverbot nicht gesteuert würde, wenn sie tatsächlich bestünde. Wenn der Fischpächter seine Fische nicht mitnehmen darf, ißt er sie an Ort und Stelle und führt sie so über die Grenze, oder er fängt keine, die Fische bleiben im Wasser und treten als Nahrungsmittel überhaupt nicht in die Erscheinung Das heißt, wenn sie nicht von Fischwilderern gestohlen werden, die sie dann des besseren Erlöses wegen doch über die Grenze bringen.

Sobald es sich jedoch um ein Grenzwasser handelt, sind die Fische Gemeingut der beiden Grenzstaaten und werden Privatbesitz des Fischpächters kraft seines Pachtvertrages, soweit er ihrer mit erlaubten Fangmethoden habhaft werden kann. Er kann sie fangen hüben und er kann sie fangen drüben oder in der Mitte. Bringt er sie hüben ans Ufer, so sind sie sein. Bringt er sie drüben ans Ufer, so werden sie ihm abgenommen, trotzdem der deutsche Staat sie ihm kontraltlich auf sechs Jahre verkauft hat.

Will man drüben logisch sein, so muß man für die ganze Dauer des Ausfuhrverbotes auf den Anteil Deutschlands am Pachtschilling verzichten. Denn ein Staat darf sich nicht sagen lassen, daß er den Leuten eine Ware gegen bar verkauft und sie ihnen dann wie ein richtiger Wegelagerer wieder abjagt.

Oder man gibt wenigstens die in den Grenzflüssen gefangenen Fische zur Ausfuhr frei. Teuer genug kommen sie die Pächter ohnehin zu stehen.

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