Die Leser erinnern sich der saftigen Schimpfepistel, die nach dem letzten Traubenfest ein Trierer Hottenträger an die „Obermoselzeitung“ gerichtet hatte.
Ein herzerfreundes Gegenstück dazu bringt mir ein Leser, der es unter alten und uralten Zeitungsausschnitten zufällig aufgefunden hatte. Es handelt sich um einen Erguß eines Münchener Blattes gegen die Preußen. Grade in diesen Tagen, wo die bayrischen Patrioten mit den Hackenkreuzlern von Berlin Arm in Arm die Welt in die Schranken fordern, klingt es erheiternd, wie sonst Berlin von München eingeschätzt wurde.
Hier der Inhalt des vergilbten Blattes, das den „Kleinen Mitteilungen“ eines alten Bandes der „Luxemburger Zeitung“ entschnitten ist:
„Wieder eine herrliche Probe bajuvarischer Grobheit liefert das „N. Münch. Tagbl.“ vom 20. d. M. Wir lesen da anläßlich der scharfen Kritiken über das bayerische Eisenbahnwesen: „Jeder Inhaber einer kotterigen preußischen Schnauze glaubt wegen eines Unglückes, das auf der Eisenbahn vorkam, Gift und Galle gegen uns Bayern speien zu dürfen, und die frechen Fritzchen machen sich jetzt derartig mausig, daß wir lebhaft bedauern, daß das Jahr 1866 schon so weit hinter uns liegt. Schade nur, ewig schade für uns, daß wir. jetzt an diese großmäuligen Bursche gekettet und dadurch verurteilt sind, die Prügel, die ihnen im nächsten Kriege bevorstehen, ebenfalls mit zu tragen! .... Übrigens - mögen doch die frechen Fritzchen daheim bleiben oder an Bayern vorbeifahren, wenn sie ihre zahnlückige Mördergrube, auch kotterige Schnauze genannt in die Welt hinaustragen; wir sind froh, wenn wir diese schnapsseligen Kartoffelgesichter nicht zu sehen brauchen, und wir brauchen dann auch nicht mehr zu gähnen, wenn wir die langweiligen Pumpernickel-Kürassiere nicht an allen Ecken und Enden bei uns herumlungern und aus Hunger süddeutsche Luft schnappen sehen. Sobald so ein preußischer Häringsbändiger bei uns erscheint, merkt man sofort am schlechten Wetter, daß nicht einmal die Sonne, die doch sonst über Gerechte und Ungerechte aufgeht, die großsprachigen Möpse der brandenburgischen Streusandbuchse anschauen mag. Selbst der Vesuv beginnt zu speien, sobald sich die Ferien-Sonderzüge der Kartoffelschalenvergolder nach Bayern in Bewegung setzen. ... Die Lodderigkeit auf preußischen Bahnen ist viel größer, als man glaubt, abgesehen von der großen Ähnlichkeit, welche die preußischen Waggons mit Schweineställen besitzen. ... Wer im Lande des Schnapses und der Knollen- gewächse herumreisen muß, wird die düsteren, braunen preußischen Karren mit den engen Kupees und den kleinen Fensterlöchern eher für ambulante Gefängniszellen, als für Eisenbahn-Passagierwagen halten. Also, Bruder Preuß hat in Sachen Eisenbahnen - wie gewöhnlich - wieder arg geschwefelt. Deshalb muß man ihm heimleuchten, damit er nicht gar so sehr frech wird - der liebe, gute Pumpernickelvertilger!“
Dieser Kollege des Dr. Sigl vom „Bayrischen Vaterland“, der das Schimpflexikon gegen die Preußen um mehrere Bände bereichert hat, war nicht nur ein böses M ..., sondern auch ein guter Prophet.