Original

4. Oktober 1923

Dieser Tage brachte mir der Briefträger ein Kuvert mit einer Drucksache. Man sieht, daß es eine Drucksache ist, wenn das Kuvert nicht verklebt ist. Drucksachen im Briefeingang sind für den Empfänger, wie Kupfermünzen zwischen Gold und Silber. Die meisten sind ohne Interesse und fliegen direkt in den Papierkorb.

Als ich diese entfaltet und das erste Wort gelesen hatte, schien ihr Schicksal besiegelt. „Letzeburger, eng Scen nom Liewen, vum Direndalls Much. Der Titel versprach wenig oder gar nichts. Eines der unzähligen Elukubrate, die jahraus jahrein von anonymen Jünglingen verübt und auf das Publikum losgelassen werden.

Dann las ich das Namensverzeichnis, und dahinter: „Zaldote bei der «Légion étrangère»“.

Sollte hier wirklich einmal ein Legionär den Versuch gemacht haben, eine Viertel- oder halbe Stunde seines abenteuerlichen Lebens in eine literarische Form einzufangen, diesen grausig herrlichen Stoff zu gestalten! Er wäre der erste, und er hätte den Weg eingeschlagen, auf dem er sich und seine Kameraden so populär und sympathisch machen könnte, wie das Denkmal mit der Goldenen Frau!

Wirklich, der Versuch ist gemacht. Und gelungen. Hier ist Erd- und Pulvergeruch, Puls und Leben. Ich lasse dahingestellt, ob der Verfasser dabei war oder nur Erzähltes verarbeitet, jedenfalls macht die kleine Sache den Eindruck frischer Unmittelbarkeit und vibrierender Dramatik, wo es drauf ankommt. Trotzdem oder weil sie mit den einfachsten Mitteln gemacht ist.

Ein Korporal und sieben Legionäre sitzen im Krieg, bei Frühjahrsanfang, in einem Graben, ganz vorne im Feuer. Es ist nicht ein Schützengraben, sondern „eng Kaul“. Sandsäcke, ein Mauerstumpf. Trüber Himmel. In der Ferne „husten“ die Geschütze ganz schwach. Eine Laterne, mit farbigem Papier verklebt, verbreitet ein spärliches Licht. Einige spielen Karten, einer steht Wache, ein anderer kramt in seinem Tornister, der Korporal schläft.

Das Gespräch dauert, bis der Tod mit Krachen hineinschlägt. Sie reden von zuhaus vom Feind, vom Tod, suchen sich Mut zu machen, spielen die Tapfern. .... Der Korporal erzählt totenbleich, wie er als Pennäler in Schulden geraten, seinem Vater über den Kassenschrank gekommen und dabei überrascht worden war, wie ihn der Vater mit „Nichtsnutz!“ und „Hund!“ aus dem Haus gejagt hatte ... so war er zur Fremdenlegion gekommen. Allerhand Zeichen von böser Vorbedeutung werden bemerkt, Kreuz, „die schwarze Zara“, wird anhaltend Trumpf, Strohhalme liegen übers Kreuz, eine Spinne am Morgen kündet Kummer und Sorgen. Die Stimmung ist unheimlich gedrückt, man sucht sich durch mutige Reden aufzumuntern .... und immer fragt der eine, dem seine Mutter im Traum ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet hat, die Wache, ob sich noch nichts zeigt. Ein Hund, den sie schon die Tage immer verscheucht haben, heult fern mit Totve@ auf, immer gruseliger spitzt sich das Gespräch @ der Bekreuzte fordert zum Beten auf und wir@ gelacht, .... auf einmal antwortet die Wache@ mehr, eine Granate krepiert, die Sandsäcke und @ fliegen durch die Luft, Flinten und Maschinenge@ knattern. Die Leute fallen ... ech hu mei Kont@ De’ Kuuscht Lehm iwerm Hierz .... eng Sch@ Miseler! Man schaudert bei dem Gedanken@ diese „Letzten Worte“ von einem, der dabei @ aufgezeichnet sein können. Und die heulende T@ wenn der vom Vater Verstoßene im Sterben@ Schaum vor den Lippen, röchelt: „Papp, ech sie@ Hond!“

Und da alles vorbei ist, stürmt ein Kamerad @ mit den Briefen, die die armen Kerle von z@ erwartet, und einem Krug Wein, auf den si@ gefreut hatten. Die aufgehende Sonne scheint i@ verwüsteten Graben und die Gesichter der Tote@ im Hintergrund wird Reveille geblasen, wä@ Ablösung aufzieht.

Wie gesagt, es sei dahingestellt, ob die @ wirklich Erlebtes oder nur Gehörtes schilder@ enthält Stellen, die den Eindruck der Echtheit m@ und in ihrer schlichten Größe ergreifen. Und@ größte Verdienst daran gebührt jedenfalls @ Leben.

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