Original

15. Februar 1921

Ein junger Ingenieur schickt mir, mit der Bitte um Verwendung und Stellungnahme, einen Artikel „Technik und Presse“, den Dipl.-Ing. E. Laßwitz in der „Frankfurter Zeitung“ veröffentlicht.

Der Verfasser beklagt es, daß „die größte Großmacht, die Presse, und die Ingenieure einander ganz fremd geblieben sind“, stellt aber zugleich fest, daß eine Abneigung der Presse gegenüber der Technik in Wirklichkeit nicht besteht, aber durch die Praxis erzwungen ist.

Der Artikel baut sich um ein paar Leitsätze auf. Deren erster lautet: „Mehr Techniker in die Zeitungen.“ Denn, meint der Verfasser, es ist der Mangel an technisch gebildeten Redakteuren, die technische Einsendungen beurteilen können oder aber wenigstens über die wichtigsten technischen Fragen unterrichtet sind. Mitarbeiter namhaft machen, heranziehen und dafür sorgen, daß technische Probleme behandelt werden. Ebenso wie in keiner größeren Zeitung der Musik- oder Kunstkritiker fehlt, gehört der technische Kritiker in die Redaktionen der Tageszeitungen. Nicht das Publikum ist technisch zu ungebildet, sondern die Presse selbst.

Zweitens meint E. Laßwitz, daß den Technikern die allgemeine philosophische und wissenschaftliche Vorbildung nur zu sehr fehlt. Die zweite Forderung heißt also nicht: Mehr Technik in die Zeitung, sondern; Mehr Wissen in die Techniker, damit sie in der Presse falsche Auffassungen vom Wesen der Technik widerlegen können.

Zum dritten spricht der Verfasser von dem, was er die allgemeine Unbildung der Techniker nennt. „Der literarische und wissenschaftliche Wert der Einsendungen ist oft sehr niedrig. Selbst wenn man von der Forderung einer gewissen stilistischen Gewandtheit ganz absieht, so mangelt vielen Einsendungen nicht nur ein neuer Gedanke, sondern auch die Fähigkeit, die Dinge von einer eigenen kritischen Warte aus zu betrachten. Katalogabschriften, Plagiate, Propagandaschriften, Anpreisungen, gefärbte Kritiken sind nicht selten, oder es werden reine Fachfragen in einer stilistisch, oft grammatikalisch nicht einwandfreien Form dargestellt. .... Die Forderung aus dieser Erkenntnis heißt: Mehr Bildung in die Techniker.“

Nun muß aber noch gesagt werden, wie E. Laßwitz den Begriff Techniker gefaßt sehen will. Dies ergibt sich aus folgender Stelle seines Aufsatzes: „Aus der Unbildung des Technikers entspringt all das, was die Techniker heute zu beseitigen versuchen, ihre gesellschaftliche Zurücksetzung, ihr Ausschluß von bestimmenden Stellen des öffentlichen Lebens, die schiefe Stellung des Nicht-Akademikers und die Gegensätze zwischen technischen u. wissenschaftlichen Akademikern. Erst wenn der Techniker seine allgemeine Bildung erhöht, wird er in den Wettbewerb voll eintreten können.“

Jedem wird die Tatsache aufgefallen sein, daß von den Angehörigen der freien Berufe grade die Techniker am seltensten sich schriftstellerisch betätigen. Tritt einer von ihnen als Literat auf, so tut er es aus innerem Drang, und dann wird er gleich zu den besten des Standes gehören. Ich nenne nur Max Eydt.

Aber in der Regel ist der Techniker von Haus aus amusisch veranlagt, nicht aufs Spekulative gerichtet. Und schreibt er einmal Fachartikel aus einem Bedürfnis nach Mitteilung und Belehrung, so ist er fast immer auf die Fachschriften angewiesen, in denen er seinem Aufsatz erläuternde Illustrationen beigeben kann. Daß dies in der Tagespresse zumeist ausgeschlossen ist, bildet eines der Haupthindernisse, die dem Techniker den Weg in die Presse verlegen.

Und schließlich: Muß denn immer gleich in die Zeitungen geschrieben werden?

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    Katalognummer BW-AK-009-1843