Original

6. März 1921

Aus dem Saarstaat schickt mir ein Freund folgenden Rattenkönig von Zeitungsannoncen.

Zuerst hatte jemand einen Jagdhund zum Verkauf angezeigt, und zwar in folgender Form: „Hühnerhund, braun, im 5. Felde, guter Apporteur, wegen Aufgabe der Jagd in gute Hände preiswert abzugeben. Offerten an Postfach Nr. 3. Zweibrücken.“

Eine zweite Zeitung erhielt den Auftrag, die Annonce auf französisch zu veröffentlichen. Sie gab ihr folgenden Wortlaut: Chien de poule, brun, au 5me champs, très bon rapporteur à cause cezsation de chasse. Offre sous Postfach no. 3, Zweibrücken.

Eine dritte Zeitung erhielt diese Form der Anzeige mit der Anweisung, sie auf deutsch aufzunehmen. Der junge Mann, der mit der Übersetzung betraut wurde, brachte folgenden Text zustande: „Hund von Henne, braun, im 5. Ackerstück, sehr guter Berichterstatter wegen Aushören der Jagd.“

Da inzwischen der Hühnerhund noch nicht verkauft war, inserierte der Besitzer weiter. Er schickte den letzten deutschen Text an eine vierte Zeitung mit der Bitte, ihn in französischer Übersetzung zu veröffentlichen.

Diesmal geriet er an einen Spezialisten, der Phantasie besaß. Dieser besah sich den Text und dachte: Mit einer wörtlichen Übersetzung ist da nicht geholfen, man muß sinngemäß in einer fließenden Form übertragen. „Hund von Henne“ ist offenbar als Schimpfwort gemeint. Ich übersetze es am besten mit «maudite poule!»

Das Endergebnis lautete: Maudite poule brune dans la pièce de labour no. 5 du cadastre. Très bon reporter, depuis qu’il. n’a plus l’occasion d’aller à la chasse.

Der Spezialist betrachtete wohlgefällig sein Werk.

Sein Kollege, der nach ihm das Inserat wieder auf deutsch übersetzen sollte, schrieb an den Auftraggeber: „Sehr geehrter Herr! Bitte mir umgehend mitzuteilen, ob es sich bei Ihrem geschätzten Auftrag um ein Stelldichein oder um eine Kino-Annonce handelt.“

Zum Glück war inzwischen der braune Hühnerhund verkaust worden.

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    Katalognummer BW-AK-009-1860