Luxemburg steht im Zeichen der Feuerspritze. Sie höt ihre Zusammenhänge nach unten mit den bescheidensten Volkskreisen und nach oben bis zu den höchsten Stellen bei Hof. Es fehlt nicht an Stimmen, die den Verdacht aussprechen, als sei das Haus de Scherff eigens zu dem Zweck angesteckt worden, der neuen Spritze die Weihe zu geben. Das sind natürlich böse Zungen, denen nichts heilig ist. Aber offen gesagt, die Spritze geht zu weit. Wenn man ihr die Hand reicht, nimmt sie den Arm. Dieser Tage konnte man sehen, wie in der Vorhalle des Cercle, am Fuß der Galatreppe, allerlei Fahrzeug mit Löschgerät sich breit machte. Das geht zu weit.
Kein Bauer wird seine Pflüge in seiner guten Stube unterstellen. Unser Cercle ist unsere gute Stube. Die besten Architekten haben die Köpfe zusammengesteckt, um ihrer Vaterstadt würdige und vornehme Repräsentationsräume zu schaffen. Daraus wurde der Neue Cercle, auf den jeder Luxemburger stolz ist. Wir freuen uns darüber, wie man sich über eine köstliche Vorkriegsware freut, die es in solcher Qualität heute nicht mehr gibt, und wenn man das Zehnfache dafür aussetzt.
Aber die Stadt weiß mit dieser Kostbarkeit nichts anzufangen. Vor dem Krieg wurde das Gebäude sorgfältig unter Verschluß gehalten, nur etwa für die Konservatoriumskonzerte wieder geöffnet, und da beging man gleich den Vandalismus, daß man den herrlichen großen Saal mit einem schauderhaften, architeltonisch unorganischen Bretterpodium verhunzte. Anderorts tut man alles, um das Orchester, die verrückten Bewegungen der Musikanten und das auspruchsvolle Gefuchtel des Dirigenten unsichtbar zu machen und die Musik ohne Beimischung auf die Zuhörer wirken zu lassen. Ich habe im Elysee in Paris wundervollen Konzerten beigewohnt, bei denen Kapelle u. Dirigent auf dem blanken Parkeit standen. Hier wird der schönste Saal der Stadt und des Landes in dieser Weise verschandelt.
Im Krieg mußte der Cercle als Mehl- und Erbsenmagazin herhalten. Das ließ sich einigermaßen entschuldigen. Aber wenn jetzt der Cercle als Spritzenhaus grade gut genug sein soll, so fahre der Henker drein. Es sind schon aus geringeren Anlässen Revolutionen entstanden.
Wir reden hier immer hohe Töne von Fremdenindustrie, und daß die Fremdenindustrie mit allen Mitteln gehoben werden müßte. Zu einer Industrie gehören Rohstoffe und Maschinen. Den Rohstoff haben wir. Wir liegen auf der großen Touristenheerstraße, Tausende von Fremden berühren alljährlich unsere Stadt.
Und suchen das Weite, so schnell sie gekommen sind.
Wir haben auch die Maschinen. Aber sie verrosten.
Denn Luxemburg wußte bis jetzt mit seiner Lage und seinen landschaftlichen Reizen nichts anzufangen. Außer den paar Abendkonzerten im Sommer war nichts da, was den Touristen länger als einen Tag und Abend hier hätte fesseln können.
Nun war der Neue Cercle als eine Art städtisches Kasino gedacht. Er sollte der Kursaal Luxemburgs sein. Während der Fremdensaison sollten die Säle Abend für Abend geöffnet sein, bald für ein Konzert, bald für einen Vortrag, bald für ein ungezwungenes Lämmerhüpfen mit allem, was sich daraus ergibt, wenn Leute zusammen sind, die für den Augenblick nur ihrer Unterhaltung leben, die dementsprechend Geld haben und damit nicht knausern. Der ganze Bau ist darauf wundervoll eingerichtet. Er wäre mit dem traulichen Paradeplatz der gegebene Mittelpunkt für das gesellschaftliche Leben einer stets wechselnden Fremdenkolonie und der Einheimischen, die daran teilzunehmen Lust hätten. Mit ein paar Tennisgründen, einem anständigen Betrieb der Badeanstalt, einer besseren Ausnützung des Stadtparkes, usw. wäre auch für ein anspruchsvolleres Hotelpublikum die Anziehungskraft geschaffen, die nötig ist, um es ihm gemütlich zu machen und es einige Zeit an einen Ort zu fesseln.
So hatten sich die Väter der Cercle-Idee die Zukunft gedacht.
Es scheint anders kommen zu wollen. Die Pompiers haben von dem Bau Besitz ergriffen. Jetzt stellen sie ihre Spritzen erst noch im Erdgeschoß auf. Paßt auf, bald probieren sie ihre neue Auto-Pumpe zu den Fenstern des großen Festsaals heraus!