Kollege Philinte aus dem „Escher Tageblatt“ nimmt eine Preisfrage auf, die kürzlich eine Pariser Zeitung an ihre Leser und Leserinnen gestellt hatte: Wollen Sie lieber Mann oder Frau sein?
Philinte macht sich angenehm lustig über die Frage wie über die Antworten. Ich muß sagen, er läßt dabei den sittlichen Ernst vermissen, mit dem eine solche Frage aufgefaßt sein will.
Zu allernächst dürfte sie überhaupt nicht gestellt, dürfte in keinem Fall beantwortet werden.
Denn wer sie beantwortet, ist entweder leichtsinnig oder vermessen.
Leichtsinig: Denn er oder sie sollte bedenken, daß so ein Wunsch doch einmal durch die Heimtücke der Götter erfüllt werden könnte. Und was finge denn dieser junge Mann oder dieses junge Mädchen an mit einem Geschlecht, auf das er oder sie nicht trainiert wäre? Dicks singt in einem seiner bekanntesten Lieder, der Teufel habe die Hand im Spiel gehabt, daß er kein Mädchen wurde: O wat hätt ech mech kësse gelosz! Der hätte also Verwendung dafür gehabt. Aber wie können Pariser Modedämchen sich in die Psyche des Mannes versetzen, mit dem sie ihr Geschlecht austauschen möchten? Die Frage ließe sich begreifen, wenn sie in Hinsicht auf bestimmte Personen des andern Geschlechts gestellt wäre, von denen man weiß, was sie zeitlebens aus sich gemacht haben, Von Eva bis Mary Picksord, von Adam bis Charly Chaplin oder Carpentier wäre eine reiche Auswahl.
Und das leitet zum zweiten Punkt über: Die Antwort ist unbedingt vermessen, weil sie nicht «en connaissance de cause» gegeben werden kann. Wollte man die Frage ernst auffassen, so müßte vorerst jedem Gelegenheit gegeben werden, den Zustand gründlich auszuprobieren, in den er sich hineinwünscht. So aber ist es, wie beim Rams. Wer den „Blinden“ nimmt, muß ihn spielen, ob gut oder schlecht, er darf seine eigene Karte nicht zurücknehmen, auch wenn sie ihm viel mehr Stiche eintrüge, als der „Blinde“.
Ich bin überzeugt, wenn der Austausch der Geschlechter wirklich im Bereich der Möglichkeit läge, so würden die meisten, die den Tausch probiert hätten, schleunigst wieder in ihre frühere Haut zurückwollen. Abgesehen davon, daß ein solcher Tausch die größte Verwirrung in der Gesellschaft und Familie verursachen müßte. Ich nehme nur den Fall, wo eines Tages am Frühstückstisch - um nur dies Möbel zu nennen - statt eines Vaters und einer Mutter plötzlich zwei Väter oder zwei Mütter säßen!
Ich überlasse es den geneigten Lesern weiblichen und männlichen Geschlechts sich alle Wirrwarrmöglichkeiten in dieser Richtung auszudenken.