Übers Jahr ungefähr, vielleicht Tag für Tag, wird das ganze Land mit Fahnen und Standarten auf dem Konstitutionsplatz um das neue Legionärdenkmal stehen.
Der Denkmalfonds ist so klug verwaltet und vermehrt worden, der ausführende Künstler hat sich bis jetzt als so zuverlässig erwiesen, daß die Enthüllung mit ziemlicher Sicherheit vom Ausschuß für Ende September 1922 in Aussicht genommen werden konnte.
Es ist darum an der Zeit, eine Frage zu Erörterung zu stellen, die durch den großmütigen Gestus eines anonymen Landsmannes aufgeworfen wurde.
Er hat, wie kürzlich die „Obermoselzeitung“ meldete, 3000 Francs gestiftet für die Überführung der Gebeine eines unbekannten luxemburger Legionärs und deren Beisetzung unter dem Denkmal.
Die Anregung war seit Jahr und Tag so selbstverständlich, daß man sich wundern muß, wie sie erst jetzt auftauchen konnte.
Wenn Frankreich seinen «soldat inconnu» unter dem Triumphbogen der Champs Elysees beigesetzt hat, so haben wir noch viel triftigere Gründe, ein gleiches Symbol in unserer Mitte zu schaffen.
Unsere Gefallenen liegen in französischer Erde. Jedes Denkmal, das sich auf französischem Boden erhebt; erhebt sich über ihrem Grab.
Wir errichten hier ein Denkmal auf einer Erde, die leer ist von Überresten der Toten, die wir ehren wollen.
Wir müssen unserer Erde einen Inhalt geben. Indem wir in ihr die Gebeine eines unbekannten luxemburger Legionärs beisetzen, machen wir sie zur Ruhestätte aller jungen Luxemburger, die im Weltkrieg für Frankreich gefallen sind.
Dieser eine Unbekannte wird nicht einer, er wird jeder sein.
Wüßte man, wie er geheißen hätte, wer er war, wo seine Wiege stand, wo seine Eltern lebten oder leben, wo seine Brüder und Schwestern wohnen, so würde die Bedeutung des Denkmals eingeengt. Der Eine hätte die Rechte aller Kameraden usurpiert.
Schläft aber unter dem Denkmal der Namenlose, der ewig Unbekannte, so wird jeder Vater- und jede Mutter, jeder Bruder und jede Schwester, jeder Kamerad und jede Geliebte mit Inbrunst in die Tiefe sinnen und sich sagen können: Dessen Gebeine drunten zerfallen, zur Erde zurückkehren, das war Er, den ich liebte!
Und unser Denkmal wird nicht mehr ein prunkender kalter Stein sein, der uns vornehm unsern Export an Heldentum vergegenwärtigt, er wird der Mittelpunkt eines wehmütigen, innigen, stolzen, lebendigen Gedenkens sein, das an allen Enden unserer Heimat lebendig ist, der große Zeiger unserer Vaterlandsliebe, die in den für Frankreich Gefallenen die Beschützer des eigenen Herdes, der eigenen Freiheit erblickt.
Geben wir unserm Denkmal einen Inhalt, eine Seele.
Es muß möglich sein, aus den Massengräbern der französischen Schlachtfelder, auf denen unsere Jugend verblutete, die Überreite eines herauszuholen, von dem niemand weiß, wer er war.
Die Kostenfrage ist gelöst.
Am Denkmalausschuß ist es, die Idee zu verwirklichen, die aus der Einweihung eine der imposantesten, gehaltvollsten Feiern unserer Geschichte und aus dem Denkmal das bedeutungsreichste unserer Heimaterde machen wird.