Original

28. Oktober 1921

„Kinder,“ sagten die Eltern, „diesmal geht Ihr zum Onkel Albert auf Besuch. Ihr werdet sehen, er ist nett zu Euch und es soll Euer Schade nicht sein.“

Die Kinder waren es in der Mehrheit zufrieden. Nur der Max und der Moritz maulten, wie immer.

„Nä!“ greinte der Moritz. „Ich will zur Tante Marianne. Sie hat mir ein Bildchen mit Spitzen geschenkt und sie läßt mich bei sich zuhause alles reden, was ich will.“

„Ich auch!“ trotzte der Max.

Und sie strampelten beide mit den Beinen und gebärdeten sich, wie Hechte im Garn. Weil sie nicht zum Onkel Albert, sondern zur Tante Marianne wollten.

Tante Marianne war gerührt. Aber sie durfte es dem Onkel Albert nicht zeigen. Sie stand mit ihm in einem alten und lang bewährten Freundschaftsverhältnis, und sie dachte, wenn sie dem Treiben von Max und Moritz Vorschub leistet, so nimmt es ihr Onkel Albert krumm. Aber innerlich, wie gesagt, ging ihr soviel Anhänglichkeit doch nahe.

Da kam ihr eines Tages der Max in die Quere und sie zog ihn in ein Gespräch.

„Also so lieb hast du mich, du gutes Mäxlein,“ sagte sie, „daß du partout zu mir, statt zum Onkel Albert willst?“

„I wo!“ sagte der kleine Max zynisch. „Es ist nur, weil du mehr Schokolade für mich im Sack hast.“

„Ach so!“ sagte Tante Marianne. „Da sind mir die andern doch lieber. Die nennen mich Tante, ohne daß sie von mir Schokolade erwarten.“

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    Katalognummer BW-AK-009-2001