Aus Stadtbredimus schreibt mir „ein Familienvater“: „In: unserer Ortschaft besteht seit Beginn des 1. Schuljahres nur eine gemischte Schule und hat man mit dem Handarbeitsunterricht eine zirka 75jährige Greisin betraut. Besitzt diese Person die erforderte Qualifikation hierzu? Warum hat man diese Stelle nicht öffentlich in einer Zeitung ausgeschrieben, anstatt nur im Anschlagkasten unserer Ortschaft? Wann finden die Fortbildungskurse für Mädchen statt? Hoffentlich wird das vorher, wie in den andern Gemeinden öffentlich bekannt gemacht.“
Dazu wäre allerlei zu bemerken.
Zunächst ist es erfreulich, daß sich Familienväter für den weiblichen Handarbeitsunterricht interessieren Sie hätten freilich am meisten darunter zu leiden, wenn die weiblichen Mitglieder der Familie weder nähen noch stricken, weder stopfen noch flicken könnten.
Und da möchte ich zur Debatte stellen, ob im Prinzip eine 75jährige Greisin nicht vielleicht besser zum Handarbeitsunterricht auf dem Dorf geeignet ist, als so ein junges Ding, das im Kloster festonieren und brodieren, sticken und häkeln gelernt hat, aber nicht weiß, ob es ein Männerhemd von vorn oder von hinten in Angriff nehmen soll. Ich kenne die 75jährige Handarbeitslehrerin von Stadtbredimus nicht, aber ich nehme an, sie hat in ihrem langen Leben gelernt, was eine Hausfrau auf dem Dorf von Nadel- und Scherenarbeit kennen muß. Auf eine Annonce in der Kölnischen oder Frankfurter Zeitung hätten sich wahrscheinlich hochgebildete Personen gemeldet, die bei dem niedrigen Stand der Mark gern für einen Mägdelohn die weibliche Jugend von Stadtbredimus in die Geheimnisse der hohen Nähschule eingeweiht hätten, aber was hätten sich der Mätt und der Pier und der Jang und der Joß dafür gekauft?
Das ganze Übel kommt von der gemischten Schule, und die gemischte Schule kommt davon, daß auf einmal nicht mehr Mädchen genug im Dorf waren, damit sich eine Lehrerin gelohnt hätte. So wurden denn die paar Mädchen mit den übrigens auch nicht massenhaft vorhandenen Buben zusammen dem Herrn Lehrer unterstellt. Gnade ihnen Gott, denn an Püffen seitens ihrer männlichen Studiengenossen wird es sicher nicht fehlen.
Und so sind wir also auf dem Land infolge der Heiratsunkust der erwachsenen Jugend in das Verhältnis gedrängt, gegen das sich die Kirche immer mit Händen und Füßen gewehrt hat: die Koedukation, die gemeinschaftliche Erziehung der Geschlechter. Hier in Luxemburg schrie man Sodom und Gomorrha, als es hieß, die Lyzeistinnen müßten zusammen mit den Gymnasiasten verschiedene Spezialkurse in den obern Klassen besuchen. Auf dem Dorf greift man ohne weiters zur Koedukation, wenn man dadurch einige Tausender sparen kann, und die Kirche hat nichts dagegen. Und sie tut wohl daran.
Sollten nun aber die Stadtbredimusser in der gemischten Schule ein Haar finden, so hätten sie dagegen nur ein Mittel: Die Burschen und Mädels sonen drauf los heiraten, daß es kracht. Und wenn dann einmal ein paar Jahre lang alle sechs Wechen getauft wird, dann werden am Ende wohl auch wieder soviel kleine Mädchen herumlaufen, daß sich die Anstellung einer Lehrerin lohnen wird.