Original

1. Dezember 1921

Eigentlich hat es niemand gerne mit der Gendarmerie zu tun, lieber mit den Gendarmen. Die Gendarmen sind meist gute Kerle, wenn man sie zu nehmen weiß, aber die Gendarmerie!

Trotzdem möchte ich mich heute mit der Gendarmerie befassen. Vorsichtig, damit ich in keinerlei Ungemach gerate. Sie wissen, wenn man mit zwei Gendarmen über Land geht, hält man sich auch lieber auf der Seite, als zwischen den beiden, und wenn sie einen noch so sehr als Respektsperson behandeln wollen.

Ich hörte zufällig, daß das hohe Kriegsministerium daran denkt, die Gendarmen, die bis jetzt in Rosport lagen, nach Consdorf zu versetzen.

Auf Anhieb könnte man das als eine Huldigung für Resport und einen Schimpf für Consdorf auffassen. Die Anwesenheit einer Gendarmeriebrigade auf dem flachen Lande deutet nämlich in der Regel auf das Vorhandensein verdächtiger Elemente. Entweder zeichnet sich die Gegend durch ihre vielen Raufbolde oder ihre vielen Langfinger aus.

Hier trifft das natürlich nicht zu. Die Consdorfer legen zwar ab und zu ihrem Herrn Pastor eine Bombe vor die Haustüre, aber im übrigen sind sie brave Leute, und Herr General-Direktor Neyens sowohl wie Herr Abgeordneter Huß sollten schon aus Lokalpatriotismus zu verhindern suchen, daß ihren Dorfgenossen jetzt die „geschnürten Schutzengel“ auf den Hals gehetzt würden.

Die Resporter ihrerseits wollen ihre Gendarmen behalten, nicht weil sie sich selbst und reinander nicht trauten, sondern weil sie sich mit Schrecken erinnern, welche Plage vordem die Vagabunden, Strolche und Verbrecher von jenseits der Brücke für das Dorf und die ganze Umgegend bildeten. Dies ist seither natürlich nicht besser geworden, im Gegenteil. Und der niedrige Wasserstand macht zumal das Überqueven des Grenzflusses zum Kinderspiel. Nun könnte unsere Gendarmerie doch aus dem Krieg und aus der Nachkriegsstrategie gelernt haben, welche Wichtigkeit die Brückendörfe in der Beyerchnung des Geländes besitzen. Will man dies Gesindel von drüben unschädlich machen, so muß man ihm an den Zugängen zu unserm Gebiet entgegen treten. Wer Kaninchen fangen will, stellt den Strick kesser dicht an den Bau, als zehn Kilometer weit davon, und wer uns vor Strolchen schützen will, fängt sie sicherer an der Rosporter Brücke, als in der Kohlscheuer bei Consdorf.

Verliert nun Rosport seine Gendarmen, so ist die ganze Sauer von Echternech bis Wasserbillig ohne Schetz. Dagegen wird die Ecke landeinwärts zur Consdorfer Sette von Waffen starten: Fels 3 Mann, Junglinster 2 Mann, Befort 3 Mann, Consdorf 3 Mann, Echternach 4 Mann! Was gibt es denn in unserer friedlichen luxemburger Schweiz besonders zu hüten und zu schützen? Hat die Regierung dort herum einen bolschewistischen Herd entdeckt oder geht es gegen die Breguniers? Oder treibt sich ein neuer Schinderhannes in den Wäldern dort herum?

Ich finde, die Resporter haben recht, sich zu beklagen. Wenn sie, seit sie ihre Gendarmen haben, so brav waren, daß die bewaffnete Macht ihnen gegenüber überflüssig war, so werden sie dafür jetzt schlecht belohnt Sie hätten vielleicht besser daran getan, sich jeden Sonntag gegenseitig ein paar Dutzend Stühle auf den Köpfen kaput zu schlagen oder sonstwie ihr Dorf zu einem Herd von Unruhen zu machen, dann hätte niemand daran gedacht, sie des Schutzes zu berauben, den sie gegen die Landstreicher von drüben so notwendig brauchen. Wenn Consdorf absolut Garnisonstadt werden soll, so könnte man ja zwe. Mann dorthin legen und in Rosport ebenfalls zwei Mann lassen. Sonst rate ich den Rosportern, eine Einwohnerwehr zu bilden. Vielleicht findet sich unter den ungebetenen Gästen von drüben einer, der bei der Orgesch war und ihnen sagt, wie es gemacht wird.

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KatalognummerBW-AK-009-2028