Original

11. Februar 1922

Ich bitte meine Herren Kollegen von der Berliner Welt am Montag“, nachträglich bei ihnen eine Anleihe machen zu dürfen.

In der Nummer vom 23. Januar finde ich z. B. folgenden Passus:

„Wer hätte sich nicht schon über die Post geärgert! Über ihren Bummelbetrieb, über ihre Verständnislosigkeit für die Bedürfnisse des modernen Verkehrs, über ihre Paragraphenstieseligkeit und über ihre Tarife, die in so gar keinem Verhältnis zu ihren Leistungen stehen.“

Diese Anleihe geschieht nicht, wie man vermuten könnte, weil unsere Postgewaltigen geärgert werden sollen, sondern als Einleitung zu einem Dokument, das verdient, auch im Ausland niedriger gehängt zu werden.

Die „Welt am Montag“ schreibt: „In vier Tagen hat der Mann Geburtstag, bei dem sich Deutschland für seine jetzige Lage bedanken kann.“

Und um zu zeigen, wie die deutsche Post stellenweise diesen Geburtstag begeht, heißt es weiter:

„Auf dem Berliner Paketpostamt zum Beispiel machen sie folgendes: Seit dem 9. Januar werden dort Unterschriften für eine Ergebenheitsadresse an das landfremde Element in Doorn gesammelt - und die steht so aus: Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. - Wieder gehen die Gedanken, Gebete und Wünsche von Millionen deutscher Männer und Frauen am heutigen Tage nach Haus Deorn und grüßen Eure Majestät in tiefster Ehrfurcht. Leidvolleres Antlitz noch als in den letzten Jahren zuvor trägt diesmal der 27. Januar. Euerer Majestät Gemahlin, Deutschlands edelste Frau, der unvergeßlichen Königin auf Preußens Thron gleich an herzbezwingender, innerer Größe und an Tragik des äußeren Geschickes, ist unter den dunklen Wolken, die auf Deutschland ruhen, heimgegangen, aus schweren Stürmen zum Frieden gekommen. Der hohen Frau bitterster Schmerz war es, Euere Majestät leidvoll in tiefer Einsamkeit zurückbleibend zu wissen. Aber wie sich dem deutschen Volke das Erlebnis der Heimfahrt und Beisetzung seiner toten Kaiserin unauslöschlich in die Seele gebrannt hat, so wird die Kunde davon Euerer Majestät ein starker, wenn auch tief schmerzlicher Trost in bitterstem Leide gewesen sein. Daß Deutschlands Liebe zu seinem Herrscherhause in weiten Kreisen wohl tief verschüttet, aber nun und nimmer erstorben ist, des sind die Wallfahrten zum stillen Antiken-Tempel in Potsdam Zeuge. Und der Tag wird kommen, da Preußen-Deutschland die Quellen seiner Kraft bewußt als solche wiedererkennt, neu erwirbt und an ihnen gesundet. Das Kommen dieses Tages erhoffen und ersehnen wir nicht als Erfolg äußeren und darum verwerflichen Zwanges und Druckes, sondern als Frucht des Wiedererstarkens bester Kräfte des deutschen Volkes, das jetzt durch erschütternd schweren Läuterungsprozeß gehen muß. Wir wissen, daß der Segen der heimgegangenen Kaiserin mit unserem zertretenen Volke ist wie einst der Segen der Königin Luise, und wir sind der frohen Hoffnung, daß dieser Segen lauterer, tiefster Liebe unserem Volke starke Hilfe ist und sein wird. Daß diese Hoffnung auch Euerer Majestät Halt und Freude sei und bleibe, ist Wunsch und Gebet aller Unterzeichner. Möge Gott der Herr Euere Majestät im neuen Lebensjahr Tag um Tag rüsten mit Kraft aus der Höhe zu einem innerlich sieghaften Leben und möge Euerer Majestät die Freude und Genugtuung geschenkt werden, daß endlich die große Lüge von der deutschen Urheberschaft am Weltkriege der Wahrheit über die wirklichen Träger dieser ungeheuren Schuld weichen muß. - In tiefster Ehrfurcht verharren ......“

Dazu bemerkt die „Welt am Montag“:

„Und dann verharren sie: Laufende Nummer, Name, Dienstgrad.

„Das geschieht in den Dienststunden. Dafür bezahlt die Republik ihre Beamten, damit sie einen tränenduseligen und verlogenen Wisch unterschreiben, der - wir wollen uns doch nichts vormachen! - gegen die Republik gerichtet ist, ihre Staatsform als „schweren Läuterungsprozeß“ bezeichnet und die Wiederkehr des Monarchismus herbeiwünscht.“

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KatalognummerBW-AK-010-2088