Original

10. März 1922

Die Leser erinnern sich, daß kürzlich hier eine Rechnung des Hotel Excelsior in Frankfurt niedriger gehängt war. Ein Luxemburger Kaufmann hatte dort vor dritthalb Monaten für einmaliges Übernachten in einem Zimmer unterm Dach die Summe von 432 Mark bezahlt.

Es war hier die Überzeugung ausgesprochen worden, daß die Hotelleitung außer der Fremdensteuer von 10 Prozent, die man sich schließlich gefallen lassen könnte, eigenmächtig und willkürlich eine Ausländersteuer draufgeschlagen hatte und daß für einen Deutschen die Preise erheblich unter dem obigen Satz bleiben.

Darauf reagierte die Hotelleitung mit keinem Wort.

Für die willkürliche Preisbemessung, die schließlich vom Standpunkt einer korrekten Geschästsführung am bedenklichsten erscheint, sind inzwischen authentische Beweise eingegangen.

Ein Korrespondent schreibt mir unter Aufügung der Belege, daß ihm für ein Zimmer im Januar d. J. Mk. 104 abverlangt wurden, zwei Tage später für ein Zimmer auf derselben Etage, nach der Hofseite, das keineswegs besser war, 225 Mk. Der Preisunterschied war in keiner Weise durch das Gebotene bedingt, nur daß im Büro ein anderer Beamter, wahrscheinlich mit ausgedehnteren geographischen Kenntnissen, tätig war.

Noch besser: Um dieselbe Zeit übernachteten im selben Hotel, auf derselben Etage, mehrere Luxemburger, die für ihr Zimmer nur 60 Mk. zu entrichten hatten.

Aber dem Hotel Excelstor wird man diese harmlosen Rechenkunststücke gerne verzeihen, wenn man hört, was sich in dieser Beziehung das Hotel Carlton, auch in Frankfurt, zu leisten pflegt.

Vor mir liegt eine Rechnung vom November 1921, über zwei Mittagessen mit einer Flasche Wein und einer Flasche Fachinger. Die Rechnung ist interessant genug, damit sie für die Nachwelt aufbewahrt wird, und auch die Mitwelt hat daran ihren Spaß, ausgenommen der Herr, der sie bezahlen mußte. Also: 2 Gedecke 20 Mk., 1 Seezunge 180 Mk., 2 Hammelcotelettes 300 Mk., 2 Vorspeisen 200 Mk., 2 Butter 40 Mk., Brot 8 Mk., 1 Flasche Nr. 28 85 Mk., Steuer 17 Mk., 1 Fachinger 20 Mk., dazu noch 87 Mk. (wahrscheinlich Trinkgeldablösung), zusammen 957 Mk. Es fehlt nur noch ein Posten: dafür, daß das Essen überhaupt gegessen wurde, nochmal 600 Mark.

Von demselben Hotel Carlton liegt mir aus den letzten Tagen folgende Zimmerrechnung für einen luxemburger Kaufmann vor (für ein einfaches Zimmer mit 2 Betten, ohne Frühstück!):

Wohnung, einschl. Wohnsteuer, 600 Mk., Heizung 50 Mk., Tagessumme 650 Mk., 25% Trinkgeldablösung 150 Mk., 10% Fremdensteuer 80 Mk., zusammen Mk. 880.

Sämtliche Luxemburger, die von heute ab nach Frankfurt fahren, werden sich zweifellos darum schlagen, wer zuerst ein Zimmer im Hotel Carlton bekommt.

Aber diese Zeitungsproteste gehen alle in den Wind. Ungleich wirksamer wäre es, wenn einmal in einer Frankfurter Zeitung eine Zuschrift etwa folgenden Inhalts erschiene:

„Ein Frankfurter Kaufmann mußte dieser Tage in einem luxemburger Hotel für einmaliges Übernachten in einem Zimmer ohne Frühstück 100 Fr. bezahlen. Auf seine Reklamation bei der Hotelleitung erhielt er folgende Antwort: Unsere Landsleute, die in Frankfurter Hotels absteigen, müssen dort das Sechsfache der Preise bezahlen, die Einheimischen berechnet werden, trotzdem Sie schon eine Fremdensteuer von 10% haben. Wir haben keine Fremdensteuer, aber wir machen es, wie unsere deutschen Kollegen. Haust du meinen Luxemburger, hau ich deinen Frankfurter.“

Ein solches Verhalten der luxemburger Hoteliers würde zur Ausnahme der Geschäftsverbindungen zwischen hier und dort sicher ebenso wirksam beitragen, wie die Beutelschneidereien einzelner Frankfurter Hotels.

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