Original

15. März 1922

Wissen Sie, was ein Theater mit Laber ist?

Nein? - Ich auch nicht.

Wie ich zu der Frage komme?

Ein Freund schickt mir aus Oberammergau eine Ansichtskarte mit „Grüeß di Gohtt!“ Darauf sieht man den Ort Oberammergau mit der Kirche, im Hintergrund steigt ein Berg auf, ein Fluß schlängelt sich auf den Beschauer zu, rechts Wiese, links ein Gebäudekomplex, darunter steht: „Oberammergau, Theater mit Laber.“

„Wie? Was!“ empörte sich mein geographisches Gemüt. Oberammergau liegt doch immer noch an der Ammer und nicht an der Laber! Wenn es an der Laber läge, so ließe es sich begreifen, daß der Verlag Heinrich Uhlschmid von. Oberammergau Ansichtskarten herausgibt „Theater mit Laber“. Aber die Laber fließt viel weiter nördlich. Da ist zuerst die Schwarze Laber, kleiner Fluß in Bayern, entspringt im BzA. Psaffenhofen, Oberpfalz, fällt bei Sinzig in die Donau. Vorzügliche Forellen und Krebse. Also etwa wie bei uns die Schwarze Ernz. Außerdem gibt es dort herum noch eine ganze Labersippe, eine Große Laber und eine Kleine Laber, die aber beide nicht mit Forellen und Krebsen gesegnet sind. (Wenn eine Laber eintrocknet, so heißt das wahrscheinlich auch Labercirrhose.) Von einem Theater im Zusammenhang mit trgend einer dieser Labern ist nirgends die Rede.

Vielleicht könnte der oberflächliche Beschauer denken, mit dem Wort Laber - man weiß noch nicht einmal, ob der, die oder das Laber gemeint ist - solle der Berg im Hintergrund der Ansicht bezeichnet werden. Aber nun liegt wiederum auch der Laberberg um ein ganzes Ende weiter nördlich, sodaß man ihn von Oberammergau aus nicht sehen könnte, selbst wenn er ein Berg wäre. Er ist nämlich kein Berg, sondern ein Dorf, das Laberberg heißt, weil es an der Laber liegt.

Immer noch ist also das Theater mit Laber mir ein Rätsel.

Im Lexikon finde ich unter Laber noch Folgendes: „Laber, s. Hadamer von Laber.“ Aha, deuke ich, vielleicht weiß der Hadamar Bescheid. Und ich lese: „Hadamar von Laber, Dichter des 14. Jahrhunderts, aus ritterlichem Geschlecht in der Nähe von Regensburg. Verfasser des allegorischen Liebesgedichts „Die Jagd“ (hrsg. von Stejskal 1880).“

Der Hadamar liegt also noch weiter von Oberammergau, als die Große Laber mit ihren Schwestern oder Kusinen. Ich denke an Laberwurscht, Laberdan, sogar an den gottseligen Bettler Labre. der mit Theater und Oberammergau ganz bestimmt nichts zu tun hatte. Nirgends tagt es, nirgends nur ein Schimmer von Lösung des Rätsels: Theater mit Laber.

Da sagt ein Kollege, der Bayern besser kennt, unter Laber könne wohl ein Gasthaus zu verstehen sein. Von Laben, Erquicken, französisch restaurant daher le restaurant. Warum nicht? Laber kann gut von laben kommen, wie restaurant von restaurant. Wenn nur das Bier gut war.

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KatalognummerBW-AK-010-2112