Original

26. März 1922

Wenn es im Prinzip und der Natur der Sache nach schon unmöglich ist, jedermann - und obendrein noch jedermanns Vater, sagt der Franzose - zufrieden zu stellen, so wäre das in noch gesteigertem Maße - falls „unmöglich“ sich steigern ließe - einer Schaufensterwettbewerbjury unmöglich.

In diesem und jedem Preisrichtersystem fehlt übrigens eine Instanz. Wer Preisrichter sagt, sagt Urteil. Und gegen jedes Urteil sollte es eine Berusung geben. Das ist ein Postulat des öffentlichen Rechtsempfindens.

Wo es keine Berufungsinstanz gibt, schafft der Verurteilte sie sich selber. Er flüchtet in die Öffentlichkeit, denn instinktiv empfindet er die öffentliche Meinung als den großen unparteiischen und unfehlbaren Richter. Die Pariser Zeitungen z. B. haben das eingesehen. Denn das Urteil darüber, wer die Schönste ist - das schwierigste, heikelste und folgenschwerste - legen sie in die Hände des Publikums, der Allgemeinheit. Und ebenso macht z. B. Frau Dervaux die Öffentlichkeit zum Richter über die Schönheit ihrer Schaufenster und die Urteilsfähigkeit des Preisrichterkollegiums.

Indes, wir haben unrecht, uns über Erfolg und Mißerfolg bei solchen Wettbewerben aufzuregen. Das kaufende Publikum legt andere Maßstäbe an. In diesem Betracht kenne ich eine ebenso kurze, wie lehrreiche Geschichte, die hierher paßt.

Ein Bäuerlein wollte in einem großen Charcuterie-Laden eine Wurst kaufen. Darüber entspann sich folgendes Gespräch:

„Huet derr gudd Zoßiß?“

„Geweß, Her. Wellt der vun der elei, de’ aß mat grande distinction prime’ert?“

„Ja, ech weeß et net, et mischt een s’ emol probe’eren.“

„Oder de’ elei, de’ aß mat diplôme d’honneur ...“

„O sakerdjeß!“

„Oder des elei, de’ aß mat hors concours.“

„Gesei gesei!“

„An de’ elei, mat félicitations du jury.“

„Wo’mat sot der?“

„Mat félicitations du jury.“

„Abe wescht der, ech sin neischt em de’ gele’ert Saachen. Get derr merr eng mat Knuewelek.“

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