Original

31. März 1922

Erst fiel er in eine tiefe Ohnmacht.

Als er sich erholt hatte, war sein Erstes, daß er mit seinem geliebten Hühnerhund Flocki in den Wald ging und ihn totschoß, damit er nicht in lieblose Hände fiele. Dann trug er seine sämtlichen Jagdgewehre zu Herrn Rasson und verkaufte sie zu einem annehmbaren Pauschalpreis. Dann kündigte er bei der Jagdgesellschaft „Diana“ seinen Anteil.

Zugleich meldete er seinen Austritt als MitgliedKassierer bei seinem Samstags-Skatklub an.

Er telegraphierte an die Zigarrenfabriken H. Wolff in Hamburg, um seine letzte Bestellung auf einen größeren Posten Valutazigarren rückgängig zu machen.

Bei der Buchhandlung Van der Vekene kündigte er sein Abonnement auf Femina und Illustrierte Zeitung. Einen Katalog des Bon Marché, der beim Einlauf gewesen war, steckte er unverzüglich in den Ofen.

Eine halbe Stunde später kam seine junge Frau aus seinem Büro, tränenüberströmt, und reiste auf vierzehn Tage zu ihrer Mutter. Er war, als sie auf einen neuen Hut angespielt hatte, mit der hämischen Frage an sie herangetreten, ob sie vielleicht als Mistinguette aufzutreten gedenke.

Er stellte seinem Hausbesitzer seine Sechstausendfrancswohnung zur Verfügung, indem er darauf anspielte, daß in solchen Fällen der Hausbesitzer dem ausziehenden Mieter eine Gratifikation im Betrag einer Jahresmiete auszuzahlen pflegte. Er erinnerte sich, kürzlich auf einem Spaziergang in Cessingen ein allerliebstes kleines Haus in einem Bauerngärtchen gesehen zu haben, das man sicher für 50 Franken im Monat zu mieten bekäme.

Bei seinem Zahnarzt ließ er seine Zahnplomben auf ihren Goldwert abschätzen - für den Notfall. Auch erkundigte er sich vorsichtshalber nach den Aufnahmebedingungen im Bürgerhospital und im Rhamhospiz. Seine überflüssigen Pretiosen, darunter eine schöne alte Repetieruhr seines Großvaters mütterlicherseits und einen echten, noch unbekannten Rubens, den sein Vater auf seiner Hochzeitsreise in Italien erstanden hatte, trug er zum Antiquar. Den Abend und die Nacht verbrachte er damit, daß er ein genaues Inventar seiner beweglichen und unbeweglichen Habe aufstellte, sein Ausgabenbüdget nachkontrollierte und nach der Methode Düpong die Kosten seines Haushalts ohne weiteres auf die Hälfte herabdekretierte.

Nicht etwa, daß er in einen der zahlreichen Konkurse der Nachkriegszeit hineingefallen wäre oder sich verspekuliert hätte.

Er hatte nur seinen Steuerzettel für 1921 erhalten.

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KatalognummerBW-AK-010-2126