Wir sind also diesmal glücklich um die Ecke des ersten April herumgekommen. Das Wetter war ja auch zu schlecht, als daß die Leute gern an die Bahn gelaufen wären, um den Schah von Persien zu sehen, oder nach Straßen-Windmühle, um den neuesten Ausgrabungen beizuwohnen.
Dafür bin ich persönlich mit dem ersten April in Berührung gekommen. Jemand hat sich den ebenso harmlosen, wie anonymen Scherz geleistet, mir einen Aprilfisch aus Schokolade in umfangreicher Verpackung zuzuschicken.
Ich notiere mit Genugtuung, daß die Zahl der Tiere, die man an Redaktionen einsendet, sich um eines vermehrt hat. Wir kannten bisher nur die Maikäfer, die Schmetterlinge und die Schnepfen. Dazu kommt jetzt der Fisch.
Solange er aus Schokolade ist, ist er ungefährlich. Verspätungen, die er unterwegs erleidet, haben auf seine Salonfähigkeit keine Einwirkung.
Nicht so, wenn es sich um einen gewöhnlichen Fisch handelt. Von dem gilt das alte französische Sprichwort: Logierbesuch und Fische fangen am dritten Tage an, übel zu riechen. - Manchmal braucht es dazu - bei Fischen - keine drei Tage.
Also gegen Schokoladefische wäre nichts einzuwenden. Im Gegenteil, unser kleiner Laufbursch bringt ihnen seit heute großes Verständnis entgegen.
Der luxemburger Gesetzgeber will es, daß die Eröffnung der Forellenfischerei mit dem 1. April, also sozusagen dem Namenstag der Fische, zusammenfällt. In gewöhnlichen Jahren zieht da die Schar der Angler mit den Morgenzügen hinaus an Fluß und Bach, um sich der wiedergewonnenen Freiheit zu freuen. Kautenbach ist wieder das Zentrum des Landes geworden. Aus den Knopflöchern duftet es nach Veilchen und Schlüsselblumen, die der Fischersmann am Waldesrand oder in der Wiese gepflückt hat, aus den Fischkörben steigt den Mitreisenden der Geruch der toten Fische zusammen mit dem von welkenden Kräutern in die Nase. Der Tag steht im Zeichen der Gerüche.
Heuer ist einem die Freude an dem Tag durch nassen Schnee und Kälte vergällt.
Und mein Schokoladefisch ist übrigens keine Forelle, sondern ein Karpfen. Er ist kurz, breit, gedrungen, er hat die großen Schuppen und er hat zumal das dumme Gesicht, das den Karpfen auszeichnet.
Haben Sie sich je für Tierphysiognomik interessiert? Ist Ihnen aufgefallen, daß der Fisch das dümmste aller Tiergesichter hat? Der Ochse schaut gutmütig drein, der Hund treu, der Fuchs mißtrauisch, die Katze grausam tückisch, der Spatz keck und drollig, kurzum, jedes Tier hat einen besondern Ausdruck im Gesicht, aber keines steht so dumm griesgrämig drein, wie der Fisch. Vielleicht noch mehr griesgrämig, als dumm. Sogar die Forelle, der Liebling des Fischers, hat den dumm griesgrämigen Zug um den Mund. Am meisten hat ihn der Hecht, wenn er veratmend vor dem glücklichen Fischer auf dem Trocknen liegt und ab und zu die langen Entenschnabelkiefern auf- und zuklappt.
Ich neigte früher zu der Annahme, der Ausdruck der Dummheit im Fischgesicht rühre daher, daß die Fische nicht reden können.
Ich bin längst davon zurückgekommen.