Original

23. Juni 1922

Meine zwei ausgezeichneten Kollegen vom „Escher Tageblatt“ und von der „Indépendance Luxembourgeoise“ liegen sich wieder einmal in den Haaren.

Es handelt sich um die in Umlauf gesetzte Eingabe der Anwohner der Josephstraße, wonach diese in Boulerard Foch umgetauft werden soll.

Der eine hat recht und der andere hat nicht unrecht.

Es sprechen Gründe dafür, daß wir in Luxemburg eine Straße nach dem Mann benennen, der als siegreicher Führer der Ententetruppen im Weltkrieg und somit indirekt als der Befreier unseres Ländchens von den fremden Eindringlingen gilt.

Es sprechen andererseits Gründe dafür, daß wir nicht einer immerhin sympathischen Gestalt unserer vaterländischen Geschichte dem Marschall Foch zulieb kurzerhand ihre Patenstelle kündigen.

Es ist ja allerdings ungewöhnlich, daß eine Straße und zugleich der Platz, in den sie mündet, nach einer und derselben Persönlichkeit benannt werden. Aber nachdem die Benennung einmal besteht, wäre es wirklich nicht nett von uns, wenn wir den guten alten Kaiser Joseph bäten, gefälligst einem Ausländer Platz zu machen. Eine Straße, die nach einer historischen Persönlichkeit getauft ist, von heute auf morgen nach einer andern benennen, das kommt schließlich auf dasselbe heraus, wie wenn man eine Statue von ihrem Postament nimmt und sie durch eine andere ersetzt.

Können Sie sich denken, daß man in einer französischen Stadt eine Straße, die nach irgend einem Louis oder Henri benannt wäre, plötzlich in WilsonStraße umtaufte?

Ich mache einen andern Vorschlag. Lassen wir dem alten Joseph seine schöne, idyllische Straße, die in ihrem Charakter sich so gut mit dem Andenken an Alt-Österreich harmonisiert und suchen wir für den siegreichen Feldherrn des großen Weltkriegs eine Ehrung, die ihm besser zu Gesicht steht.

Wir haben einen Platz, der heute einen höchst ungeeigneten Namen trägt. Es ist der Waffenplatz, Place d’armes, Pläsidârm.

Was soll uns ein Waffenplatz, auf dem nur Kaffee, Grächen und Bier getrunken und Musik gemacht wird? Als vor dem alten Gerele noch die Kanonen standen mit Kugelpyramiden davor, da mochte der Name einige Berechtigung haben. Heute macht der Fremde große Augen, wenn ihm der friedlich neutrale Luxemburger den schönsten Platz seiner längst entfestigten Hauptstadt als Waffenplatz vorstellt. Da wäre also, wenn absolut umgetauft werden soll, die Umtause vollkommen gerechtfertigt, und die Freunde des Marschalls Foch dürften jedenfalls stolzer auf einen solchen Foch-Platz, als auf ihren Foch-Ring sein.

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KatalognummerBW-AK-010-2183