Original

27. Juli 1922

Wenn die ersten Frühbirnen auf den Markt kommen und die ersten Morgennebel über den Wiesen brauen, dann ist Ferienzeit. Sie liegt im Jahre fest, wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Unsere Ferien wären nicht mehr sie selbst, wenn sie in einen andern Monat verlegt würden. August und September sind uns die Feiermonde von Kind auf. Ferien im Juni oder Juli oder Oktober wären auch willkommen, aber sie wären etwas anderes. Die Feierstimmung des Hergebrachten wäre nicht darüber. Kirschen um Weihnachten oder Austern im Juli schmecken ja auch nicht übel, aber sie strahlen nicht das Besondere aus, das um sie ist, wenn sie zu ihrer Zeit auf den Tischen stehen.

Also, wo wollen Sie diesmal hin?

Valuta! lautet natürlich die Antwort.

Fahren Sie mit Gott und bringen Sie braune Haut, gesunden Magen und gute Laune mit heim. Und lassen Sie sich an der Grenze nicht auf allerhand Schmuggelei ertappen.

Jetzt leeren also die Städte waggonweise die müden Maximumjäger und Maximumhunde, die schlappen Magen und wehen Nerven hinaus in die Natur. Die Natur soll helfen, sie, der man seit zehn, elf Monaten ein Schnippchen am andern geschlagen hat! „Nua für Natua hegte sie Sympathie!“ Und der müde, nervöse, mißgelaunte Städter glaubt plötzlich an die Natur, wie die Quisel an Lourdes, wie der Bauer an die Arznei. Er kann nicht genug davon kriegen, statt des Eßlöffels nimmt er gleich einen Humpen voll. Und wundert sich, wenn es nicht richtig anschlägt. Man soll sich der Natur nicht so unvermittelt an den Busen werfen, sonst reagiert sie sauer und sagt: Mein Herr, ich kenne Sie nicht!

Ob also See oder Gebirge, ob Unter- oder Übervaluta, ob In- oder Ausland, tut der Natur nicht Gewalt an, wollt Ihr aus den Ferien nicht müder und abgespannter zurückkommen, als Ihr fortgezogen seid.

Während Ihr in diesen Wochen Europa durchkreuzt, gierig von neuen Stückchen der schönen Welt Besitz ergreifend, sickert ein wenig Fremdenstrom auch durch unsere Heimat. Belgier und Franzosen, Engländer und Amerikaner kommen zu uns und entdecken die Schönheiten Luxemburgs. Sie finden das Moseltal großartig, die Sauer idyllisch, das Müllertal lauschig, das Ösling very nice, sie sitzen abends im Majestic und hören die zweite Peer Gynt-Suite von Grieg, die das Orchester Boeres mit Herrn Lanser am @ und Herrn Carmes als Primgeiger so entz@ spielt, daß man darüber allen Streit und Neid @ alle Häßlichkeiten des Lebens vergißt, sie finden, @ dies Luxemburg mit seiner Umgebung, seinen @ gezwungenen Lebensformen, all seinen Bu@ möglichkeiten gar nicht übel ist, daß es sogar @ sein müßte, sich irgendwo in einem Bauern- @ Winzerdorf auf ein paar Wochen anzufiedeln, @ vollständig aus dem Strudel auszuschalten, sich @ wiederzufinden, um sich dann ganz wieder hing@ zu können .....

Wieviele von uns, die jetzt ins Ausland str@ täten wohl daran, auch erst ihre Heimat zu entd@

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KatalognummerBW-AK-010-2211