Es wurde einmal scherzweife gesagt, zu den Sehenswürdigkeiten unseres Landes gehöre ein junger Mann, der noch nie ein luxemburger Theaterstück geschrieben hat.
Ich halte das für übertrieben. Aber sicher ist, daß das Stückeschreiben und Theaterspielen bei uns sich zu einem Nationalmerkmal ausgewachsen hat. Wo eine Theatergesellschaft sich auftut, dichtet im Hintergrund auch schon ein begeisterter Jüngling dramatisch, und wo einer ein Stück geschrieben hat, kristallisiert sich darum herum auch gleich eine Truppe, die es aufführt.
Wir finden Unseresgleichen in solchem Umfang nur noch in Oberbayern, wo zwischen Oberammergau und Schliersee unzählige Bauerntruppen den Ernst und die Komik des Lebens zu mimen trachten. Das liegt meiner Meinung nach daran, daß sowohl unsere wie die oberbayrische Mundart für Ernst wie Scherz die nötigen Akzente zur Verfügung hat. Auf Kölsch Platt kann sich wohl Herr Tünnes Plaatekopp, kaum aber der Pfarrer von Kirchfeld oder der Meineidbauer auf der Bühne hören lassen.
Wir haben also mit der Vorliebe unseres Volks für volkstümliche Bühnenkunst als mit einer feststehenden Tatsache zu rechnen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dieses Phänomen kulturgemäß zu verwerten, auszugestalten, zu kanalisieren.
Herr Josy Imdahl, Verfasser einer Reihe erfolgreicher Dialektstücke, in denen er selbst mit großem Geschick und in zum Teil vorbildlicher Art mitgewirkt hat, stellt sich mit einer Gruppe von Freunden und Mitarbeitern diese Aufgabe. Seine Persönlichkeit ist eine Gewähr dafür, daß die Sache richtig und gründlich angepackt wird. Er ist nicht der Idealisten einer, die mit den Flügeln schlagen, wenn sie bloß zu Fuß gehen. Er hat Ruhe und Methodik. Und er hat den Glauben.
In unserer Zeit der Truste und Gewerkschaften will er auch die 1001 Theatervereine des Landes unter einen Hut bringen. Er weiß genau, was er will, und sagt es in einer neuen Zeitung „Ons Bühn, Blieder sir Theater, Musek a Gesank“, deren erste Nummer eben erscheint. Ich kann seinen Absichten nicht besser dienen, als indem ich ihm hier selbst das Wort gebe:
„Fédération des Sociétés Dramatiques Luxembourgeoises. - Es ist verwunderlich, daß bis heute noch niemand auf diesen Gedanken gekommen ist, in einer Zeit, die den Zusammenschluß aller beruflichen und sportlichen Vereinigungen des Landes gesehen hat. Warum sollte derselbe nicht möglich sein, wenn es sich um geistige Interessen handelt? Da sämtliche theaterspielenden Vereine, also auch Sport-, Gesangund Musikgesellschaften, Feuerwehren usw. dem Verbande beitreten können, würde derselbe über eine stattliche Anzahl von Mitgliedern verfügen, die, bei einem denkbar geringen jährlichen Beitrag, die Lebensfähigkeit desselben gewährleisteten.
„Der Zusammenschluß selbst könnte unter Ausschluß jeglicher Parteipolitik auf der Grundlage der obenerwähnten Verbände geschehen. Die einzelnen Vereine behalten ihre volle Selbständigkeit, müssen sich jedoch im Rahmen des Ganzen den Anordnungen eines aus gewählten Vertretern zusammengesetzten Zentralvorstandes fügen. Derselbe verhandelt alle das Theater betreffende allgemeinen Fragen mit Regierung und Gemeinden, tritt ein für Ermäßigung von Steuern (Umsatzsteuer und Armensteuer), für die Erlangung von Subsidien und Zuschüssen, vermittelt den Bezug von Stücken, Kostümen, Bühnenausstattungen und sonstigen Theaterrequisiten und überwacht die Führung der angegliederten Vereine. Diese Aufsicht ist es, die bis heute vielfach gefehlt hat.
„Ein eigens hierzu bestellter Ausschuß soll den Verbands-Gesellschaften mit Rat und Tat zur Seite stehen. Derselbe ist bei der Auswahl der Stücke behilflich, greift, wenn notwendig, bei der Einstudierung derselben ein, läßt die den verschiedenen Stücken angepaßten Dekorationen entwerfen und hält sich den Mitgliedern für alle gewünschten Aufschlüsse zur Verfügung.
„Besondere Sorgfalt wird der Heranbildung verantwortlicher Regisseure gewidmet. In bestimmten Abständen stattfindende Prüfungen sollen den Beweis für deren Befähigung erbringen. Erst nach erfolgreich abgelegter Prüfung sollen dieselben. selbständig die Leitung ihrer Theatergruppe übernehmen. Auf diese Weise könnte vieles gebessert werden und die guten Resultate dieser Einrichtung würden sich in unserm Theaterwesen bemerkbar machen.
„Einen weiteren Ansporn zu steter Vervoll nung desselben werden jährlich abzuhaltende Wettbewerbe unter den einzelnen Gesellschaften b die zu diesem Zweck, je nach ihrer Stärke, in verschiedene Abteilungen gegliedert sind. In jeder Abteilung gelangt ein vorgeschriebenes Preisstück in ein Stück nach eigener Wahl zur Darstellung genügenden Leistungen steigen die Vereine in die höhere Abteilung, um schließlich in die Di d’honneur zu gelangen, die das Endziel jeder samen Gesellschaft bilden wird. Mit ausgewählten besten Kräften dieser Abteilung könnte dann der Grund gelegt werden zur Schaffung einer Luxemburger Nationalbühne.“