Original

28. Oktober 1922

Sie wissen - oder Sie wissen nicht - daß Bismarck einmal von den Journalisten gesagt hat, sie seien Leute, die ihren Beruf verfehlt haben.

Er war auch sonst nicht gut auf die Zeitungsleute zu sprechen, nur auf Maximilian Harden soll er große Stücke gehalten haben, weshalb auch Maximilian Harden seine Kollegen von der Presse mit Verachtung straft.

Bismarck steht mit seiner Geringschätzung der Presse nicht allein. Bernard Shaw, von dem in nächster Zeit ein Drama hier gegeben wird, verfolgt die englischen Journalisten mit unerbittlichem Sarkasmus. Das Verhältnis beruht da, grade wie bei Bismarck, auf Gegenseitigkeit. In «The Doctor’s Dilemma», das die Truppe Lugné-Poës im Lauf des Monats November in Luxemburg spielen wird, läßt der Satyriker Shaw auch einen Zeitungsmann auftreten, der als ein Muster der Gattung wirken soll. Er beschreibt ihn folgendermaßen:

„Ein freundlicher junger Mann, der zu einem andern Beruf nicht taugt, weil er von Geburt aus unfähig ist, genau zu beschreiben, was er sieht, oder genau zu verstehen und zu berichten, was er hört. Da der einzige Beruf, in dem dieser Defekt nichts schaden kann, der Journalismus ist, (denn eine Zeitung braucht sich nicht nach ihren Berichten und Schilderungen zu richten, sondern sie nur an ein neugieriges Publikum zu verkaufen, kann also durch Ungenauigkeit und Unwahrhaftigkeit ihres Berichterstatters nichts verlieren, als höchstens die Ehre,) so wurde dieser junge Mann notgedrungen Journalist,“ usw.

Von dem Bildungsniveau dieses Zeitungsmannes nach Bernard Shaw soll folgendes Stück Zwiegespräch eine Vorstellung geben. Die Szene spielt im Atelier eines jungen Malers, der in der nächsten Viertelstunde an galoppierender Lungenschwindsucht stirbt.

„Der Zeitungsmann: Cubicle, sagten Sie, sei es gewesen?

Walpole: Jawohl, Tuberkel.

Der Zeitungsmann: Wie wird das geschrieben? C-u-b-i-c-a-l oder c-l-e?

Walzole: Tuberkel, Sie, nicht Cubical. (Buchstabiert ihm vor): T-u-b-e-r-k-e-l.

Der Zeitungsmann: Oh, Tuberkel. Eine Krankheit, wahrscheinlich? Ich glaubte, er hätte Schwindsucht.“

Das stimmt ungefähr mit der Meinung überein, die mein Pariser Kollege G. de la Fouchardière sich von seinem Handwerk angeblich gebildet hat. Er spricht in einer seiner letzten Plaudereien vom Journalismus als einem «métier où l’instruction est com- plètement inutile. ... Un journaliste qui saurait vraiment quelque chose ne pourrait plus parler de rien.»

Zum lachen, gelt? Und da ich Sie so herzhaft lachen höre, fällt mir die Geschichte ........

Ich erzähle sie lieber gleich.

Also unser wackerer alter Lateinlehrer war in Pension gegangen. Da kam ihm zu Ohren, Kollege Soundso habe mitleidig geäußert, er sei verblödet. Das trug er ruhig mit sich herum, bis kürzlich, nach dem Tode des Herrn Peter Schiltz, der zuständige General-Direktor ihm die freigewordene Stelle eines Kurators am Athenäum antrug.

„Das geht doch nicht,“ sagte der Monny (denn er war es), „ich bin doch verblödet. Aber fragen Sie den Scundso. Der ist zwar auch verblödet, aber er weiß es nicht.“

Sie werden direkt herausgefunden haben, daß in dieser Geschichte der Monny ein wenig die Rolle de la Fouchardière’s spielt.

Und der andre?

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