Original

9. November 1922

Polemos ist griechisch und heißt Krieg. Daher polemisteren, Krieg führen mit der Feder.

Soll man polemisieren?

Die Frage stellt sich in Hinsicht der Polemisten und in Hinsicht des Publikums.

Die Polemisten überschätzen in der Regel das Interesse des Publikums für die Polemik. Es handelt sich bei einer Polemik nicht selten um Dinge, die einen mehr oder weniger persönlichen Charakter tragen. Da gehört die Teilnahme der Leser nicht der Sache selbst, sondern der Art, in der sich der eine und der andere aus der Affäre ziehen. Das Publikum steht lächelnd abseits und markiert die Punkte.

Daraus ergibt sich, daß polemische Waffengänge dieser Art eine stärkere Resonanz nur in kleinem Kreise finden, in dem die Person mehr oder weniger für die Sache steht. Und daß da die Polemik ein Auswuchs der Kleinstädterei ist, macht sie nicht interessanter für Leute, die mehr auf die Sache als auf die Person geben. Aber man tanzt hier wie überall mit den Mädchen, die man hat, und manchmal offenbart sich grade bei solchen Hahnenkämpfen auf kleinen Bühnen ein glänzendes journalistisches Fechtertalent.

Auf die Dauer wird aber auch der temperamentvollste Polemist inne, daß sich das Polemisieren nur in besonderen Fällen lohnt. Es muß um ein Großes gehen. Dann aber mit fliegenden Fahnen!

Sonst ist Polemik Kraftvergeudung. We@ Journalismus nicht letzten Endes die höchsten @ sieht, soll draußen bleiben. Sieht er sie @ lernt er mit den Jahren einsehen, daß er ihne@ näher kommt, wenn er unterwegs mit Balge@ Raufen seine Zeit verliert.

Ich möchte hier einen Vergleich gebrauchen@ mir die Klugen vom Bau sicher nicht übel @ werden.

Wer in Erfüllung einer Sendung unterwe@ - und das setze ich von jedem Journalisten@ diesen Namen verdient, voraus - hat etwas @ mit jenem treuen Neufundländer, der für @ Herrn vom Metzger das Fleisch in einem Kö@ heimträgt. Der Neufundländer läßt es sich@ anfechten, daß ihn unterwegs die Köter be@ oder gar nach ihm schnappen. Aber es kann pa@ daß einer zu frech wird und sich in seinem@ verbeißt. Ist der Neufundländer sehr klug und @ so schüttelt er den Köter ab und trollt sich @ seines Wegs. Ist er zufällig etwas nervös @ noch sehr jung, so stellt er das Körbchen mi@ Fleisch ab und zerbalgt sich mit dem Störe@ Das kann eine Weile dauern. Inzwischen war@ Herr zuhaus auf sein Mittagessen, und es ist @ vorgekommen, daß in solchen Fällen der @ länder mit leerem Körbchen heimkam.

Also geh Deines Weges, trag Dein Fleisch @ zu denen, die danach hungern, und laß die @ bellen.

Was im Kleinen gilt, ist auch fürs Große @

Die Völker gehen durch die Geschichte, ein @ mit seiner Sendung, deren Erfüllung die Men@ besser und glücklicher machen soll. Aber sie @ oft ihrer Sendung uneingedenk, weil ihne@ Nebensache über die Hauptsache wächst, Un@ fangen unterwegs zu raufen an, wie der @ Neufundländer.

Inzwischen wartet der Herr auf seinen Br@ die Menschheit auf ihr Glück.

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