Haben Sie schon vom Paganini-Cello gehört?
Was die blaue Mauritius für die Markensammler, der Orloff, der Großmogul, der Kohinoor für die Diamantenhändler sind, das ist das Paganini-Cello für die Musilwelt.
Es ist merkwürdig durch seinen Erbauer, durch seinen früheren Besitzer und für uns besonders durch den Künstler, der es heute spielt.
Das Paganini-Cello hat den Pietro Giacomo Rogeri in Brescia zum Verfertiger. Auf dem Zettel im Innern steht: Petrus Jacobus Ruggerius de Nicolai Amati Cremonensis fecit Brixiae 1734. In der „Neuen Musikzeitung“ vom 20. August 1914 finden Sie nähere Angaben über diesen berühmten Petrus Jacobus Rogeri, über das Aussehen des Instrumentes, über seinen hellbraunen, ins Goldige spielenden Lack, „der dick, weich und mollig ist,“ über die wundervoll geschnittenen f f, über die kuhn geschwungene, sehr schön und tief ausgestochene Schnecke usw. Dort steht auch, daß der große, gesangreiche Ton durch Süße und Wärme bestrickt.
Dies Paganini-Cello befand sich, wie Sie bereits erraten haben, früher im Besitz des größten Geigenspielers aller Zeiten. Paganini gehörte gewissermaßen auch der Geigenbauerzunft an, denn er soll eines Tages aus einem Holzschuh eine Violine zurecht gemacht und darauf in einem Wohltätigkeitskonzert so zauberhaft gespielt haben, daß die Zuhörerschaft vor Begeisterung aus dem Häuschen geriet. Es erklärt sich also, daß er, obgleich nicht Cellist, auf sein Cello dennoch sehr stolz war.
Paganini’s Nachkommen, die weder Geiger noch Geigenbauer noch Cellisten, dafür aber die Barone Paganini waren, ließen den Nachlaß ihres berühmten Vorfahren seinerzeit in Florenz versteigern, und im Katalog der Versteigerung war das Cello mit 25 000 Lire angesetzt, das war lange vor der Zeit der Valutakatastrophen Das Instrument gelangte mit seinem regelrechten Pedigree in den Besitz eines Herrn Eugen Gärtner in Stuttgart und gehört heute dem reichen Fabrikanten Alfred Vorster aus Köln.
Dieser, der selbst ein hervorragender Dilettant auf dem Cells ist, stellte das kostbare Instrument unserm Landsmann Herrn Emil Berrens für seine Konzerte zur Verfügung, was allen dreien, dem PaganiniCello, Herrn Vorster und Herrn Berrens zur Ehre gereicht.
Für uns hätte dies alles jedoch nur platonisches Interesse, wenn wir nicht Gelegenheit hätten, Emil Verrens auf diesem Wunder-Cello spielen zu hören. Und darum dürfen sich die Mitglieder des hiesigen Casino doppelt freuen, weil sie morgen. Freitag abend, mit den beiden Bekanntschaft machen werden.
Emil Berrens gehört nämlich zu dem SchulzePrisca-Quartet, das morgen abend im Casino ein Konzert gibt.
Ich kann nun nicht gleich ein Dutzend der schmeichelhaftesten Besprechungen über frühere Konzerte dieses Quartetts abdrucken, das überall helle Begeisterung ausgelöst und die Kritik zu der einmütigen Feststellung veranlaßt hat, daß es den Vergleich mit den Besten nicht zu scheuen hat. Aber eine will ich aufs geratewohl folgen lassen, nicht um Hörer ins Casino zu locken, sondern um meinen Landsleuten eine Genugtuung zu bereiten. Sie sollen wieder einmal sehen, wie einer der Unfrigen uns im Ausland Ehre macht, und diesmal der Bescheidensten einer, der sich nicht vordrängt und dem die Kunst noch immer über die Reklame ging.
In der „Württemberger Zeitung“ vom 8. November wird über ein Konzert des genannten Quartetts zu Stuttgart berichtet:
„Schulze-Prisca-Streichquartett. Der vom Konzertbund im dichtbesetzten Festsaal der Liederhalle veranstaltete Kammermusikabend des Schulze-PriscaStreichquartetts bereitete der in gespanntester Aufmerksamkeit lauschenden Zuhörergemeinde unvergeßliche Stunden des reinsten und erhebendsten Kunstgenusses. Man hatte den Eindruck, hier etwas wirklich Vollendetes vor sich zu haben, wie man es nur selten zu hören bekommt. Das wunderbare, von einem Geist getragene Zusammenspiel, die auf feinfühligstem Einleben ruhende Durcharbeitung, die in Bogenführung und Tongestaltung alle Anforderungen spielend erledigende Technik, die Leichtigkeit und Eleganz der rhythmischen Bewegung und die bestrickende Zartheit des Ausdrucks bewiesen die ausgereifte Meisterschaft der vortragenden Künstler (erste Violine Walter Schulze-Prisca, zweite Violine Muni Schulze-Prisca, Viola Erich Kraak, Violoncello Emil Berrens) und machten ihre Darbietungen zu einem Kunstgenuß ersten Ranges. Alle diese Vorzüge kamen schon in der ersten Programmnummer „Variationen und Fuge über ein Thema von Bach“ von Reinhold Oppel, einem Werk von unvergänglicher Schönheit, zu hervorragender Geltung. Unübertrefflich wurde das Divertimento von Mozart in Es-Dur für Violine, Bratsche und Cello wiedergegeben, lauter Leben und Sonnenschein von hinreißender, wahrhaft beglückender Wirkung. Ernst und tiefgründig, voll Kraft und Feuer, in moderne Formen gekleidet, wirkte hingegen Ewald Sträßers erstmals gespieltes Quartett op. 12 Nr. 1. Tosende Beifallsstürme setzten am Schluß ein und bewiesen die dankbare und begeisterte Aufnahme des Gebotenen.“