Wenn es nichts kostet, darf man ja haffen, daß es vielleicht gemacht wird.
Es handelt sich um unser Theater.
Nicht, daß ich gleich einen Um- oder Neubau verlange. Dies ist eine viel bescheidenere Sache. Und sie wird wirklich nichts kosten.
Dieser Theater-Um- oder Neubau! Reden wir nicht mehr davon. Es gab eine Zeit, wo er möglich schien, wo man annehmen durfte, es könne der öffentlichen Meinung doch noch einmal einleuchten, daß es vorteilhafter wäre, für eine Aufführung nur die Hälfte zu bezahlen und das Doppelte einzunehmen, als das Doppelte zu bezahlen und dasselbe einzunehmen, wie im andern Fall. Inzwischen sind alle die bewußten und unbewußten Kräfte, die am Ruin unseres offiziellen Theaterbetriebs arbeiten, mit Hochdruck am Werk gewesen, und mit ein wenig bösem Willen kann heute jeder sagen, wenn das Theater kaum einmal voll wird, lohnt es sich nicht, es doppelt so groß zu bauen. Darauf kann man antworten, die letzte Zeit habe den Beweis erbracht, daß es sehr wohl möglich wäre, mit jeder Vorstellung sogar drei volle Häuser zu machen. But that’s another story, sagt Rudyard Kipling.
Ich bin also nicht der Utopist, der eine gute Sache verdirbt, indem er sie zu unrechter. Zeit durchdrücken will. Warten wir lieber auf den Augenblick, wo der Schrei nach dem größeren Theater im Publikum so laut wird, daß er nicht mehr überhört werden kann. Dann wird jemand ganz von selbst Ei des Columbus spielen. So weit ist es leider noch nicht, aber daß es so weit komme, daran sollte jeder mitarbeiten, der von der werbenden Kraft der Bühne einen Dunst hat.
Für heute soll es, wie gesagt, nichts kosten.
Wenn wir eines Tages für ein Theater, das diesen Namen in jedem Betracht verdient, reif sein werden, dann wird es auch darauf ankommen. daß das Theater im Innern, in seinen Nebenräumen, Gängen, Foyers usw. nicht mehr stimmungmordend wirkt. Es wird also auf die Innenausstattung Wert zu legen sein.
Zur Innenausstattung gehört der Bildschmuck. Und da wären wir.
In einem Theater wird man schwerlich Landschaften oder Ansichten von Hochöfen oder dergleichen aufhängen, so interessant sie auch an und für sich sind. In ein Theater gehören Bildwerke, die zur Bühnenkunst in einem Verhältnis stehen und für die sich die Besucher im Zusammenhang mit eben dem Theater interessieren. Wenn sie z. B. heute die Suzanne Desprès als Phädra oder Elektra sehen, so wären sie ganz sicher dankbar dafür, daß man ihnen im Bilde zeigte, wie Sarah Bernhardt oder Rachel in derselben Nolle ausgesehen haben, oder wenn dieselbe Suzanne Desprès heute die Clotilde in der «Parisienne» von Becque spielt, so wäre es pikant, ein Bild zu sehen, das sie vor 25 Jahren in derselben Rolle zeigt, als sie noch als Suzanne Auclair auftrat. Ein solches Bild könnten wir heute besitzen und in unserm Theater aufhängen, wenn ....
Ja, wenn damals schon Herr Hofphotograph Ahlen gelebt hätte! Dieser hat nämlich einen rühmlichen Anfang dazu gemacht, für unser Theater ein graphisches, photographisches Archiv dieser Art anzulegen. Er ist bereit, wie er es schon wiederholt getan hat, von den namhaften Schauspielern, die hier auftreten, Bilder unentgeltlich anzufertigen. Jeder Theaterbesucher kann sich überzeugen, daß diese Bilder, von denen mehrere im Vestibül des Theaters hängen, als Meisterwerke der Lichtbild- und Porträtkunst anzusprechen sind. Die Theaterkommission bräuchte nur jedesmal die Stars der jeweiligen Truppe zu einer Pose bei Herrn Ahlen zu veranlassen, so wäre der Grundstock zu einer Porträtsammlung gelegt, mit der später die Wände der Foyers und Gänge des neuen Theaters in idealer Weise belebt werden könnten.
Und dann: Liegen im Archiv des Theaters nicht noch Skizzen von Belanger und Heldenstein zu den Dekorationen, die sie seinerzeit für unsere Bühne gemalt haben? Wenn nicht. so wäre es vielleicht möglich, aus Privatbesitz einige davon zusammen zu bringen und ebenfalls als Wandschmuck zu verwenden, wäre es auch nur in photographischer Abbildung. Das wäre wenigstens eine kleine posthume Ehrung für zwei Männer und Künstler, die ihrem Ideal zulieb in beispiellos uneigennütziger Weise Jahre lang Zeit und Arbeit dem luxemburger Theater gewidmet haben.
Beispiele dieser Art können wir uns heutzutage nie zuviel vor Augen führen.