Soviel steht fest: Wenn man nicht mehr weiß, was man schreiben soll, schreibt man über den Dreck. Über den Luxemburger Straßendreck. Er ersetzt vorteilhaft das Wetter in dem Arsenal, das den eisernen Bestand der Gesprächsthemen einhält.
Er ist ein Ding für sich. Er steht über den Zeiten und über den Parteien. Er überdauert jedes Regime, ob liberal, klerikal, sozialistisch, kommunistisch, anarchistisch oder wie es sonst heißen mag. Er ist da wie die Wolken am Himmel, über die wir Menschen auch keine Macht haben. Herr Jules Schaul wurde am Samstag auserkoren, um gegen diesen Tyrannen Luxemburgs zu Felde zu ziehen. Herr Jules Schaul wird an der Spitze seiner vielfältigen Verwaltung des Feuers, der Bacillen, der Stechmücken und aller sieben Plagen Aegyptens Herr werden - gegen den Dreck wird er nicht ankönnen. Sollte er dennoch Herr über ihn werden, so verdient er ein Denkmal und sein Ruhm wird größer sein, als der des Herkules nach der Säuberung des Augiasstalles.
Ein Freund sagte mir, in Belgrad, wo er kürzlich zu tun hatte, sei es noch dreckiger als in Luxemburg. Aber der Freund ist bekannt dafür, daß er gern aufschneidet.
Bei näherem Zusehen findet man, daß der Dreck im Grunde nicht die einfache Sache ist, als die er gémeinhin aufgefaßt wird. Dreck ist Dreck, denken Sie. Mit nichten! Holz z. B. ist auch Holz, und doch läßt sich das Holz in verschiedenem Betracht beurteilen, je nach der Dimension, in der man es auffaßt, also längsseitig oder querseitig, parallel zum Faden oder überzwerch.
Ebenso der Dreck. Es gibt einen Dreck der Länge und einen Dreck der Breite nach. Der erstere kommt für Sie in Betracht, wenn Sie einer Straße folgen, auf der der Dreck als Herrscher sich gebärdet. Sie gehen z. B. über den Königsring von der Neuen Brücke bis zum Eicherberg. Dann tritt für Sie Dreck als Länge-Phänomen in die Erscheinung und ein hauptsächliches Moment ist das Moment Zeit
Im andern Fall haben Sie eine Straße zu überqueren. Wählen wir das klassische Beispiel, die Stelle am diesseitigen Brückenkopf, wo der Weg nach und von dem Stadtinnern zwischen Pôle Nord und dem Haus Emil Servais hin- und herführt. Da hat der Dreck sozusagen sein Hauptquartier aufgeschlagen, da steht die ganze Umgegend in seinem Zeichen.
Also Sie stehen auf dem jenseitigen Trottoir, nehmen Ihren Mut in beide Hände und beginnen die Überquerung. Sie wird zur Durchquerung, da Sie ja nicht über, sondern durch den Dreck gehen. Diesmal ist es nicht das Moment Zeit, sondern das Mement Tiefe, das Ihnen am meisten zu schaffen macht. Hier tritt der Dreck sub specie Breite in die Erscheinung. Sie treten in den Dreck und er tritt in die Erscheinung. Er hat das bessere Teil erwählt.
Endlich sind Sie hinüber und betrachten sich die durchmessene Bahn. Da sehen Sie denn, daß die eigentliche Straße den Umständen nach ziemlich sauber aussieht. Das Heu, um diesen Vergleich nochmals zu gebrauchen, ist gemäht und der Grummet ist erst zollhoch gewachsen. Aber das Heu ist, nebenan in der Längsrichtung der Straße aufgeschichtet, der Dreck ist auf die Chatly-Bahn gefegt worden und dort liegen geblieben. Sie können, wenn Sie vom Bahnhof her dem Königsring folgen, ungeschoren neben dieser Dreckbahn hergehen. Sobald Sie aber quer hinüber wollen, treten Sie notwendigerweise bis an die Knöchel hinein.
Das alles, weil die wackern Leute, die den Dreck zu bekämpfen hatten, ihn nur in der einen Dimension Länge aufgefaßt hatten. Und der Länge nach, dachten sie, kommt er nur für den Charly in Betracht, und der macht sich die Schuhe nicht schmutzig.
Es bedarf sicher nur dieses kleinen Hinweises, damit sie ihre planogeometrischen Anschauungen über den Dreck einer Revision unterziehen.