Wir kündigten vor einigen Monaten an, daß die „Luxemburger Zeitung“ Auslandkorrespondenzen namhafter Schritsteller veröffentlichen werde, um die Leser über die Geistesrichtung bei unsern Nachbarn zu orientieren.
Sie werden festgestellt haben, daß dieser Zweck erreicht wurde. Männer, wie Jacques Rivière und E. R. Curtius sind repräsentativ für den Intellektualismus ihrer beiden Vaterländer, und auch unsere übrigen Korrespondenten vermitteln eine klare Vorstellung von der derzeitigen geistigen Verfassung ihrer engeren und weiteren Heimat.
Wir haben es hier nie als unsere Aufgabe angesehen, mit erbitternden Worten gegen andere Länder anzugehen. Wir verfielen zu leicht in die Rolle des kleinen, ohnmächtigen Wadenbeißers. Unserer Würde, auf die wir vielleicht noch mehr als ein großes Land Wert legen müssen, entspricht es, daß wir, die zur Berichtigung der Parallaxe zwischen unsern zwei größten Nachbarn den besten Platz haben, unsere Stellung zu ihnen nach dem Dank richten, den wir ihnen für das von ihnen überkommene geistige Erbe schulden. Aus diesem Gesichtswinkel betrachtet geben die Äußerungen unserer fremden Korrespondenten zu mancherlei Betrachtungen Anlaß.
Es mutet den Außenstehenden zunächst gradezu quälend an, wie sich die Besten des deutschen Volkes - denn man kann sie wohl zu den Besten zählen - in einer Art Vogelstraußpolitik auf Worte wie Romantismus, Humanität zurückziehen, sich in sie flüchten, sich an ihnen exaltieren, ihre ganze Sehnsucht und Inbrunst hineinströmen lassen, nur um über die materielle Unbill der Zeit hinweg zu kommen. Sie wollen aus der Kraft ihrer Geistigkeit heraus ein neues Deutschland gebären, nicht im Gedanken an bewaffnete Macht, ein Deutschland der Geister, nicht der Geschütze, sie wollen in einem Deutschland heimisch werden, das ......
Ja, das vor lauter Hypotheken ihnen nicht mehr sicher ist. Sie wollen sich mit deutscher Traulichkeit einrichten in einem Haus, dessen Schwelle von Gerichtsvollziehern belagert wird. Weil die Kriegund Kriegsgewinnler, denen Deutschland sein heutiges Elend verdankt, noch einmal und immer wieder Vabanque spielen wollen, auf Kosten derer, die heute hungern.
Sie klagen über die Schmach ihres Vaterlandes. Haben sie vergessen, daß im Krieg ein „Bund Neues Vaterland“ schon über die ganzen Industriedepartemente Frankreichs, über Belgien und Luxemburg verfügt, einen völlig versklavten Westen in die Zukunftsgeschichte Europas als facteur négligeable eingestellt hatte?
Sie klagen über Not - dieweil die Krieg- und Kriegsgewinnler mit protzigem Aufwand die Jeremiaden gewaltsam Lügen strafen. Sie reden von den deutschen Studenten, die in ihren Ferien als Kellner gehen müssen, um weiter studieren zu können, und wissen vielleicht nicht, daß in Paris schon Studenten auf der Straße verhungert sind und die Behörden ihnen Baracken an die Stadtperipherie bauen mußten, weil die meisten die Miete für ihre Mansarde nicht bezahlen konnten. Und dann gibt es doch auch, was man immer wieder zu vergessen scheint, etwas wie ein verwüstetes Gebiet in Frankreich, wo die Einwohnerschaft ganzer Dörfer und Städte entwurzelt, verarmt, mittel- und obdachlos ist. Dem gegenüber das völlig unversehrte deutsche Gebiet, auf dem die ganze Arbeitskraft des Volkes, ohne Abstrom in die Kasernen, für den Erwerb frei, mit beispiellos intensiver Gewalt am Werteschaffen ist, und man fragt sich im Ausland, was aus diesen Werten schließlich wird. Man sieht die Beamten zu Helotenstellung erniedrigt, weil der Staat sich künstlich unter dem Druck einer brutalen Minderheit verarmen läßt, um seine Kriegsschulden nicht bezahlen zu müssen. So sieht man die Dinge von außen, und wird in der Ansicht bestärkt, wenn lauter als die Stimmen, die von einem neuen geistigen Deutschland traumre das Revanchegemurmel der jungen und alten, penonisierten und wilden Hackenkreuzler herüberdringen
Revanche? Das Wort wird falsch gebraucht. @ letzte Krieg war schon die Revanche, für Frankreich. Die erste «manche» hatte es verloren, die zwei hat es gewonnen. Hätte es die zuerst verlorene Partie nicht bezahlt, wäre es zur Revanche nicht gekommen, wie es diesmal auch nicht zur «be kommen dürfte, wenn der Verlierer die zw manche nicht bezahlt.
Er soll es versuchen. Das ist das einzige Mi zur Entspannung. Einen Gläubiger haßt man nie solange man ihn nicht bezahlt hat. Aus einem bezahlten Gläubiger wird nicht selten eine sympatische Persönlichkeit und mit der Zeit gar ein Freund