Original

30. Januar 1923

Gesetzt, eines Tages fände irgend ein Einstein das Mittel zum ewigen Leben.

Sie glauben, er bekäme den Robel-Preis und die Menschheit setzte ihm Denkmäler?

Ich glaube umgekehrt, er würde gesteinigt.

Entweder gäbe er sein Geheimnis öffentlich preis und jedermann könnte sich das ewige Leben sichern: So wäre in fünfzig Jahren die Wohnungsnot derart gestiegen, daß die Menschen auf Bäumen wohnen müßten. Und je länger es dauerte, desto größer würde die Kalamität.

Wie meinen Sie? Es dürften dann keine neuen Menschen mehr auf die Welt kommen?

Ehe ich Ihnen darauf antworte, müssen Sie mir sagen, wie alt Sie sind.

Oder aber der Erfinder des Ewigenlebenelixirs gäbe sein Geheimnis nur gegen @ Einzelne @ an Vereine ab. Dann würde er erst recht gesteinigt. Und zugleich mit ihm würden wir diejenigen steinigen, die sich das Elixir gekauft hätten - nur hätte das Steinigen da keinen Zweck, weil wir sie doch nicht tot kriegten.

Ich nehme an, der Genuß des Elixirs hätte die Wirkung, daß jeder auf der Altersstufe, die er sich wünschte, stehen bliebe.

Diese könnte nun für alle Welt dieselbe sein, und das wäre äußerst langweilig.

Oder sie wäre verschieden. Ich denke es mir zum Beispiel so: Ein Junge von sechs bis acht Jahren möchte unbedingt bis zum Zwanzigjährigen avancie- ren, weil er dann nicht mehr durchgehauen @ weil er rauchen und ins Wirtshaus gehen @ ohne daß es ihm übel würde, weil er ein Schieß@ haben und mit Papas Auto fahren dürfte us@

Ein Siebzehnjähriger möchte gleich dreißig @ um seine Tanzstundenflamme im Stur@ heiraten zu können. (Dies nur für den Fall, @ oben angedeutete Verbot der Bevölkerungszu@ nicht verhängt würde.)

Mit zwanzig Jahren würde man schon stu@ lebt sich schön in diesem Alter, zumal wenn man @ Eltern vorsichtigerweise in den begüterten K@ gewählt hat. Aber mancher junge Mann fände es @ leicht doch fad, immer von seinem alten He@ zuhängen, zumal wenn dieser alte Herr sich ve@ des mehrerwähnten Elixirs auch auf zwanzig @ zurückverjüngt hätte und aus Konkurrenzne@ jungen Mann den Wechsel sperrte. Also würde @ leicht aus den Reihen der Zwanzigjährigen@ Abwanderung nach oben, so zu den Vierzige@ gefähr, stattfinden. Eine Überbelastung dieser @ stufe wäre nicht zu besorgen, denn die V@ wären froh, die Zahl ihrer Jahre wied@ halbieren.

Und so weiter und so weiter. Es ergäben @ der Praxis die seltsamsten Konsequenzen.

Nun könnte ich mir sehr gut einen alten @ so um die achtzig herum denken, der sich @ Elixir ablehnend verhielte und sagte:

Laßt mir meine Ruh! Was hätten wir@ erreicht, wenn wir alle miteinander wieder @ wären! Wäre es denn nicht der Gipfel der@ weile, immer mit den Töchtern, Enkeliun@ enkelinnen der jungen Mädchen zu tanzen, m@ man bei Herrn Rausch den Foxtrott gelernt ha@ sage ich, mit den Urenkekinnen! Nein, imm@ denselben müßten wir tanzen. Und käme es @ nicht zum Halse heraus, daß man die Jung@ nach einem kommen, immer ausgerechnet die@ Dummheiten machen sieht und sagen hört, die @ selbst gesagt und gemacht hat! Die Kamerade@ sich das Elixir nicht leisten konnten, würden @ und weiser, und so säße man zwischen zwei @ auf dem Boden. Nein, laßt die Welt, wie sie ist@ langsam und vernünftig, wie es die Natur will@ das ist Bewegung und Fortgang, das ander@ Stillstand. Laßt die Kräfte und Säfte kreisen@ mit in der Runde, freut Euch, woran sich zu @ einem jeden Alter gegeben ist, und lernt, in W@ und Schönheit gehen, wenn Eure Zeit zum @ gekommen ist. Kein Fechten ist tragischer und @ licher, als das gegen die Jahre. Denn auch @ wie Windmühlen, deren Flügel in der @ drehen und Euch zu Rittern von der tr@ Gestalt machen, wenn Ihr allzu eifrig sie @ wollt.

Die Erfindung des ewigen Lebens wäre d@ der Menschheit.

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    Katalognummer BW-AK-011-2326