In Paris besteht ein «Club des Cent». Er hat sich folgende Aufgabe gesetzt: «La mission patriotique de remettre la cuisine française à sa place dana le monde.»
In der «Illustration» wird über ein Fest des «Club dea Cent» berichtet, zu dem die Präsidenten des Senats und der Kammer, mehrere Minister und sonseige hervorragende Persönlichkeiten eingeladen waren.
Daß in einer Wochenschrift von dem Rang und der kosmopolitischen Verbreitung der «Illustration» über eine Angelegenheit dieser Art so ausführlich berichtet wird, hat seine Bedeutung.
Quorum deus venter est et finis interitus! rief ein seinerzeit bekannter Pädagoge drohend seinen Zöglingen zu. Aber in Frankreich versteht man es, gut zu kochen und zu essen, ohne aus seinem Bauch seinen Gott zu machen.
Das Notwendigste ist uns seltsamerweise immer das Gemeinste. Zu den notwendigsten Dingen hienieden gehört das Essen, und das deutlichste Anzeichen fortgeschrittener Kultur ist es, wenn ein Volk selbst dies Gemein-Notwendige mit Kultur zu durchdringen, diese rein vegetative Funktion geistig zu veredeln trachtet. So wie der «Club des Cent» seine Aufgabe auffaßt, bekommt sie nicht nur eine patriotische, sondern eine menschlich interessante Seite. Sein Vorfitzender, der bekannte Mitarbeiter des „Matin“ Louis Forest sagte auf dem eingangs erwähnten Fest, die besten Diplomaten Frankreichs seien seine Köche, Wenn man weiß, daß heutzutage, wie schon zu ewigen Zeiten, zu den wichtigsten Entscheidungen der Grund bei Tisch gelegt wird, so muß man Louis Forest recht geben. Und nun wird gleich ersichtlich, daß für den Feinschmecker ein Hauptzweck nicht ist, daß er selber gut ißt, sondern vor allen Dingen, daß die andern gut essen. Daran hat sowohl die Klugheit wie die Menschenfreundlichkeit ihren Teil.
«Dis moi ce que tu donnes à manger et à boire à tes amis, et je te dirai qui tu es,» lautet ein Spruch des Senators Bertrand de Mun als Motto dem Bericht in der «Illustration» vorangesetzt.
Demnach muß in jedem Feinschmecker, der den Namen verdient, ein gut Stück Altruist stecken. Dadurch, daß die französische Küche, die beste der Welt, wieder den ihr gebührenden Platz einnimmt, also die Menschheit besser werden.
Viele meiner Landsleute, die in der «Illustratio»@ den geistreichen Bericht von Albérie Cahuet gelesen haben, konnten sich sicher eines gewissen Gefühls des Stolzes nicht erwehren bei der Stelle, wo von den gebratenen Ferkeln die Rede geht. Es soll früher auch in unserer guten Stadt Luxemburg vorgekommen sein, daß bei besonders feierlichen Gelegenheiten ganze Spanferkel im Backofen gebraten, und zwar nicht unter Hornfanfgren, wie in Paris, aber unter dem Jubel der Korona hereingetragen wurden, ihrer hellbraunen glänzenden Schwarte, und daß die Gäste gerührt und begeistert das Wohl des Künste ausbrachten, der in seinem Bratofen diese Meistrwerke geschaffen. Es war nebenbei gesagt kein andres als Küntges Bämpi.
Wenn zwei Luxemburger sich von Paris erzählen so dauert es keine halbe Stunde, bis sie auf das Thema Küche sind. Jeder will am besten in den berühmten Restaurants Bescheid wissen, und alle Adressen marschieren auf, die dem internationalen Publikum in Paris geläufig find. Es gibt aber außerdem weniger bekannte Häuser, in denen die französische Küche hoch in Ehren steht und die Jahre lang bestehen können, bis der Fremde dazu den findet. Die «France gastronomique» von Curnonsky und Marcel Rouff enthält in dem Bändchen «Paris» kostbare Fingerzeige zu diesen versteckten Quellen, wie die übrigen Bände der Sammlung zuverlässige Wegweiser zu den besten Häusern des übrigen Frankreich bilden. Die zwei Verfasser, an denen der Humer nicht minder als der Appetit und die Sachkenntnis zu loben ist, strafen konsequent alle sogenannten Verfütterungsanstalten mit Verachtung. Aber wo sie Weg eine bescheidene Gastwirtschaft gefunden haben, in der die Frau Wirtin ihnen ein rechtschaffen und nach guter Überlieferung gekochtes Gericht, der Wirt eine anständige Flasche Wein aufgetischt, da erzählen sie, wie es ihnen ergangen ist, und da hat man A sicht auf eine Mahlzeit, die als - nun ja, als Kulturtat zu werten ist.
Und überhaupt, würde in der ganzen Welt besser gekocht, es gäbe viel weniger Krieg.