Wir tun Unrecht, uns nicht öfter in die Vergangenheit zu vertiefen und aus ihr nicht nur nützliche Lehren, sondern oft Genugtuung und Unterhaltung zu ziehen.
Als ich dieser Tage in der Zeitung die Berichte über die Einweihung des Amaliendenkmals nachblätterte, fiel mir auf, wieviel und wie wenig damals, fünf Jahre nach dem 70er Krieg, „los war“. Wie wenig in bezug auf die Nachwehen des Kriegs, wieviel in bezug auf das Kulturleben im weitesten Ausmaß. Nirgends liest man da von Schwierigkeiten in der Erfüllung der Friedensbedingungen, von rückständigen Reparationen und irgendwelcher Zwangsaktion, von Valutastürzen und dergleichen. Deutschland verdaute ruhig seine Beute und Frankreich arbeitete still und hartnäckig an seinem Aufstieg.
Dagegen war in den Zeitungen von einer Menge anderer, aufregender Vorgänge die Rede. In Pintsch hatte ein Herr Joris aus Ettelbrück dem Pfarrer Herrn Fallize, dem nachmaligen Bischof in Skandinavien, vor dem Hochamt und vor versammelter Gemeinde ins Gesicht gespuckt, weil Herr Fallize einen Reffen des Herrn Joris in seinem „Sonntagsblatt“ beleidigt hatte. Die Wunder von Marpingen und Bois d’Haine setzen tausend gläubige und ungläubige Federn in Bewegung, eine Abhandlung von Dr. Schmit über Stigmata und Extase, die im Institut vor dem Prinzen-Statthalter verlesen worden war, ruft Tadel und Entrüstung bei der katholischen Presse hervor, in Nommern läutet beim Begräbnis des früheren Abgeordneten Fischer der Pfarrer wütend die Glocken, damit niemand die Grabrede des Herrn Norbert Metz verstehen soll, Herr General-Staatsanwalt Jurion wettert in einer Rede gegen die geistlichen Journalisten und gegen die Publizisten, die durch die Verkommenheit ihrer Sprache den moralischen Sinn des Volkes verderben - wie wohltuend, daß die Justiz sich gegen die Verrohung und Verrottung der Sprache erhebt! Welches Feld fände sie heute für ihre Tätigkeit!
Der Hauptbissen aber war das Abenteuer des Herrn Pönitentiarius N. Wies, das wochenlang die Gemüter in Spannung hielt.
Herr Wies hatte in seiner Eigenschaft als Staatsanwalt des geistlichen Gerichtshofes zahlreiche Opfer zur Strecke gebracht. Der Abgeordnete Karl Metz war wegen einer harmlosen Äußerung in der Kammer exkommuniziert worden. Der „Courrier“ - aus dem die „Luxemburger Zeitung“ hervorgegangen ist - und andere Blätter waren interdiziert worden, der Direktor des Echternacher Progymnasiums, Herr Müller, und der Pfarrer von Stadtbredimus, Herr Gaspar, hatten sich wegen Ketzerei zu verantworten gehabt; letzterer sollte in einem Werk über „Populäre Philosophie des Staates“ den Machtbereich der Kirche zugunsten des Staates eingeschränkt haben. Er wurde a sacris suspendiert und der Dechant K. von Remich, der später wegen Knabenschändung ins Gefängnis kam, hatte ihm „die Schlüssel abgenommen“, wie sie im Dorf sagten.
Da schrieb einige Jahre später Herr Pönitentiar N. Wies ein Buch über „Populäre Geologie“, und sofort ging die Hatz los. Der Verfasser hatte die mosaische Schöpfungsgeschichte nach seiner Auffassung ausgelegt, als Wissenschafter und nicht als buchstabengläubiger Bibeldeuter. Er hatte die Zer- legung in sechs Schöpfungstage als eine Phantasie Moses hingestellt und sich außerdem zu Da bekannt, hieß es, da er schrieb, „jedes der Elemente enthalte in seinem Schoß eine Menge Einzelwesen, Lebenden und Leblosen, welche die Mischungen und Verbindungen aus den verschiedenen Elementen entstanden seien“. Herr Wies verteidigt sich und berief sich namentlich auf den hl. Augustinus der unter den sechs Schöpfungstagen auch keine Zeitfolge, sondern nur eine natürliche Reihenfolge standen habe. In der „Luxemburger Zeitung“ beglückwünschte jemand den geistlichen Verfasser zu seinem weitherzigen Bibelexegese, das „Luxemburger W@ das zuerst die „Populäre Geologie“ seinen L@ eifrig empfohlen hatte, rückte später von dem @ fasser ab, als es merkte, daß im Bistum Bede@ über dessen Theorien aufgekommen waren, und@ 27. November erinnerte der Bischof Herrn Wi@ seinen Priestereid, in dem es u. a. heißt: „Ebe@ verstehe ich die heilige Schrift nach demjenigen S@ den die heilige Mutter, die Kirche, gehalten hat@ noch hält, usw.“ Die drei letzten Paragraphe@ „Populären Geologie“ enthielten aber, hieß es in@ bischöflichen Schreiben weiter, mehrere Sätze, @ dem Wortlaute nach in einem Sinne genommen @ den können, welcher dem Sinn der heiligen S@ widerspricht und sogar eine Verkennung der gött@ Inspiration des Mosaischen Schöpfungsber@ enthält.
Herr Wies erkannte in einem Antwortsch@ vom selben Tage gerne an, daß die erwähnten @ falsch verstanden werden könnten, dieser Sinn @ ihm aber völlig fern und er widerrufe die S@ aus vollem Herzen, da er immer gründlich über@ gewesen sei, die hl. Schrift sei vom hl. Geist insp@
Was ist nun vorzuziehen: daß man sich um M@ gotteserscheinungen und Bibelexegese streitet @ auf einem Kriegsvulkan tanzt? Ist die Wel@ 1876 besser oder schlechter geworden?