Wir haben uns als Militärmacht niemals ernst genommen.
Unsere militärischen Angelegenheiten hatten mit dem Miltarismus an sich sozusagen nur äußerlich zu tun. Innerlich nicht mehr, als das durchaus zivilistische Liedchen: ’s Milimadel hat a Mililadl und a Maccaroninudlladl aa.
Alle diese Wörter, die von miles, der Soldat, und im Besondern vom miles gloriosus abgeleitet sind, hatten bei uns ihren bösen Klang verloren. Wir waren immer die unverbesserlichen Zivilisten, die keinen Major von einem Hauptmann und Rittmeister unterscheiden konnten.
Der Krieg hat es in seinen Folgen mit sich gebracht, daß wir uns militärisch ein wenig energischer als bisher, in die Brust werfen müssen, damit wir uns nicht länger fremde Galons auf den eigenen nationalen Rock zu nähen brauchen.
„Schütze dich selbst, so schützt dich Gott! So aber dich nicht selber schützest, müssen es die anderen für dich tun, und dann weißt du eines schönen Tages nicht mehr, wo der Schutz aufhört und etwas anderes beginnt.“
So wäre zu unserm speziellen Gebrauch ein altes Sprichwort zu erweitern.
Also schicken wir uns an, uns selbst zu schützen. Die Kammer wird sich demnächst mit dem diesbezüglichen Gesetz zu befassen haben. Manche werden davon ausgehen, daß eine so friedfertige Ration, wie wir überhaupt keine bewaffnete Macht braucht, um die Ordnung zu wahren. Andere werden mit Unbehagen an eine Stunde zurückdenken, die sie einst im Kohlenkeller oder auf dem Speicherboden des Kammergebäudes zubrachten und werden für das Ge stimmen.
Es fragt sich zweitens, ob wir die Miliz wieder einführen oder das Freiwilligensystem beibehalten sollen. Die Miliz ist im Grunde das Volksherr. Braucht auch nicht jeder zu dienen, so wird doch das Prinzip aufgestellt, daß jeder die Pflicht zu dienen hat, wenn ihn das Los trifft. Im Grunde heißt das also: Das Volk schützt sich selbst, mit eigener Hand und nicht durch gedungene Arme. Das Militär hieß dazu früher auch bei uns „das Volk“. „E muß bei ’t Vo sagten sie von einem, der sich „drangezogen“ hat und dieser Ausdruck „sich dranziehen“ lebt noch weiter aus den Zeiten der Miliz, die 1881 abgeschafft wurde.
Das Freiwilligenheer, wie es die Vorlage jetzt einführen will, ist im Grunde nichts anders, als das alte Söldnerheer. Jemand verpachtet für eine ge Zeit seine Knochen an den Staat und empfängt dafür einen Sold, der in der Hauptsache hier in einer späteren Anstellung bestehen soll. Man kann sich der Praxis nicht gut vorstellen, wieso die Freiwilligen nach ihrer Dienstzeit noch 10 Jahre militärisch pflichtig bleiben sollen. Diese Kugel am Bein ist das größte Hindernis für ihr Unterkommen in der Privatwirtschaft sein. Galt es doch im Vorkriegsdeutschland als die beste Empfehlung für einen Kandidaten daß er vollständig militärfrei war.
Außerdem würde es unserer Jugend nicht schaden, wenn sie durch die Bank eine Dienstzeit durchmachen müßte, in der ihr „die Hammelbeine grade gezogen würden, wäre es auch nur physisch. Es gibt kein Land, in dem die Männer so wenig zu gehen stehen, wie bei uns.
Das Populärste an unserm Militär wird jedenfalls immer die Militärkapelle bleiben. Sie ist der öffentliche Beweis dafür, daß wir nicht ganz und gar Materiellen aufgehen, daß wir für eine Schö für einen Luxus im Leben zur Not auch ein Kleines übrig haben. Sie ist unsere Rose im K loch. Etwas, wie ein Kulturbarometer, an dem im Ausland unser Niveau abliest. Denken Sie sich dazu fünf Sekunden lang, unsere Militärkapelle stände einer größeren Feierlichkeit auf dem Kiosk, zum Vertreter von Frankreich, Belgien, Preußen und sonstigen Ländern des ewig großen Völkerbundes frei nach Michel Lentz) und unsere Nationalkapelle spielte dazu eine Ouvertüre ungefähr wie die @viktsmusik! Und erinnern Sie sich andererseits an, welche Triumphe die allzu beschränkte Künstlerschar des Herrn Mertens schon vor Jahren in Franknkfurt, kürzlich in Brüssel und dazwischen vor derhand verwöhntem Großstadtpublikum gefeiert wird, und bedenken Sie, daß das Verdienst davon auf das ganze Land zurückstrahlte, so werden Sie wissen, hinaus in dieser Sache die Pflicht der Landesvertretung liegt.