Sie erinnern sich eines Briefes, der hier vor einigen Wochen abgedruckt war und in dem ein Herr Cecil A. Reed den Herrn Bürgermeister von Luxemburg um Ansichten von Blascheid und Umgegend bat.
Aus unserm Leserkreis sind darauf Herrn Reed allerhand Sendungen zugegangen, aber keine scheint die ersehnte Ansichtskarte von Blascheid enthalten zu haben.
Eine Dame aus Martelingen, die Herrn Reed Ansichten aus der Umgegend zugeschickt hatte, erhielt von ihm folgendes Dankesschreiben:
„Soeben erhielt ich Ihre schönen Ansichtskarten und den kleinen Reiseführer von Luxemburg. Ich wollte nur, er wäre englisch, indes ich habe Freunde, die Französisch und Deutsch übersetzen können, und die sollen mir das Büchlein übertragen.
Ich habe allerlei andere Postkarten von Luxemburgern erhalten, aber da ich die Sprache nicht verstehe, kann ich darauf nicht antworten. Sagen Sie den Leuten bitte, sie sollen ihre Namen so deutlich schreiben, daß ich weiß, wer sie sind und ich werde ihnen photographische Aufnahmen und Ansichten dieser Gegend schicken.
Ich werde stets mit Vergnügen an die Woche denken, die unser Regiment im Großherzogtum Luxemburg zubrachte. Es war die letzte Novemberwoche 1918. Wir feierten dort unser Nationalfest «Thanksgiving». Unsere Kompagnie war in einem Dörfchen namens Blachette oder ähnlich einquartiert. In der Nähe lag ein anderes Dorf, das Eisenborn hieß. Ich möchte zu gern Ansichtskarten oder photographische Aufnahmen von beiden Ortschaften haben und wäre Ihnen für deren Zusendung sehr dankbar.
Nie werde ich vergessen, wie lieb die luxemburger Bevölkerung zu mir war. Obschon infolge des Kriegs die Nahrungsmittel knapp geworden waren, waren die Leute immer gern bereit, ihren letzten Bissen mit uns zu teilen. Und die Gegend ist wirklich schön. Sie kam uns fast wie ein Feenland vor, und ich hoffe, eines Tages mit meiner Frau hinzukommen, um Ihr schönes Land wiederzusehen. Ich bin Postmeister in dieser Stadt. Mein Beruf gefällt mir sehr gut.
Mit nochmaligem Dank für die schönen Karten und meinen besten Wünschen
Hochachtungsvoll Ihr Cecil A. Reed.“ (Acworth, Georgia U. S. A.)
Dieser Brief sei zunächst allen jungen Luxemburgern, die abenteuerlustig und europamüde über das große Wasser nach Amerika streben, eindringlich zum Lesen empfohlen. Herr Cecil A. Reed, ein Vollblutamerikaner, für den ganz sicher die Vereinigten Staaten das herrlichste Land der Welt sind, findet Luxemburg noch viel schöner. Es ist ihm ein Feeenland, nach dem er sich immer zurücksehnen wird - nicht etwa, weil er sein Herz an eine Schöne von Blascheid oder Eisenborn verloren hätte, denn er ist schon vergeben und will seine Frau mitbringen, um ihr das Feeenland zu zeigen. Also bleibt in Euerm schönen Luxemburg und nährt Euch redlich, bis der Dollar wieder nur mehr 5 Franken gilt.
Zweitens möchte ich an den Verschönerungsverein oder das Hoteliersyndikat von Blascheid die Bitte richten, endlich doch einmal Postkarten von Blascheid und Eisenborn, Imbringen und den verschiedenen Linstern nebst Umgebung einschließlich „Fautefiels“ anfertigen zu lassen.
Wie! Drüben in Amerika sitzt ein Mann, der darauf brennt, jenes Fleckchen Erde von New York bis Frisco und Los Angeles berühmt zu machen, und die Blascheider und Eisenborner wollen nichts dazu tun! Wenn diese so ihr Glück mit Füßen stoßen, so sollte der Amateurphotographenverein eingreifen. Es gibt in Blascheid wirklich entzückende kleine Eckchen und weite Fernsichten zu knipsen. Malen Sie sich aus, wie sich der Herr Postmeister von Acworth freuen wird, wenn er beim Einlauf eines Tages die Bilder findet, wenn er zu seiner Frau hinaufstürmt und sagt: Siehst Du, da in jener Scheune haben wir abgekocht, hinter diesem Fenster habe ich Dir den verliebten Brief geschrieben, Du weißt ja!
Leider wird Herr Cecil A. Reed von heute an keine Ansichtskarten mehr von den jungen Luxemburgerinnen bekommen, die gehofft hatten, auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege vielleicht einmal die Missis Reed zu werden.
Zum Schluß sei festgestellt, daß die Ansichtspostkartenschreiber, die ihre Namen unleserlich hinkritzeln, auch im Falle Reed sich ausgezeichnet zu haben scheinen. Was denken sich diese sonderbaren Heiligen dabei, wenn sie eine Schrift in die Welt schicken und mit einem Namen unterzeichnen, den man ebensogut als „Jakob Fußgeländer“ wie als „Isidor Pulverbestandteil“ lesen kann?