Zwei mögliche Gespräche:
Herr Conzemius: Wer hat Sie geplündert, Herr Schultze?
Herr Schultze: Wieso, wer hat mich geplündert?
Herr Conzemius: Ich meine, wen hatten Sie, um zu plündern?
Herr Schultze: Wen ich hatte, um zu plündern?
Herr Conzemius: Nun ja, welcher Schreiner hat Ihnen beim Plündern geholfen?
Herr Schultze: Verzeihen Sie, da muß eine Verwechslung vorliegen. Weder habe ich jetzt oder in meinem früheren Dasein geplündert, am wenigsten mit Hilfe eines Schreiners, noch bin ich jemals geplündert worden, ausgenommen vielleicht ab und zu im Skat oder im Gottes Segen bei Cohn.
Herr Conzemius: Sie verstehen mich falsch. Ich wollte nur fragen, wer Ihnen bei Ihrem Umzug nach Luxemburg geholfen hat.
Herr Schultze: Ach so! Plündern heißt in Ihrem wunderbaren Ländchen Umziehen! Der Herr Kolbach, glaube ich, hat alles besorgt.
II. - Frau Fabricius: Sehen Sie doch, Frau Müller, wie die Frau Lehmann drüben wieder gerüstet ist! Wie die Gredel an Fastnacht.
Frau Müller: Gerüstet? Wieso? Wozu?
Frau Fabricus: Ich möchte wissen, wo die ihre Hüte und ihre Mäntel kauft.
Frau Müller: Ich dächte, Sie sprächen mindestens von einem Panzerhemd und einem Maschinengewehr.
Frau Fabricius: Was Sie nicht sagen!
Frau Müller: Nun ja, bei uns zuhause rüstet man zu einem Krieg, zu einer Schlacht, eventuell zu einer Nordpolfahrt.
Frau Fabricius: Wir sagen rüsten für putzen, ausstaffieren. May rüstet sich selbst - wer dazu keinen Geschmack hat, ist gerüstet, wie ein Tanzochse - man rüstet einen Altar, ein Haus, eine Feststraße, eine ganze Stadt.
Frau Schultze: Ach so!
Diese Befriedung zweier Worte, die ursprünglich an kriegerische Gewalttätigkeiten erinnern, ist eine Bescheinigung für die friedliche Gesinnung meiner Landsleute.
Es gab Zeiten, wo uns die aufgeregten Strömungen der Politik, wie sie zwischen den europäischen Herrscherhäusern mehr, als zwischen den Völkern, hin- und hergingen, passiv und aktiv in die Abenteuer und Gräuel kriegerischen Geschehens hineinzogen. Aber mählich hat uns die Welle der Geschichte ans Ufer gespült, und allerhand kriegerische Begriffe wurden in friedlicher Anwendung weitergeführt. So die Worte plündern und rüsten.
Diese Anspielung auf ein Stück unserer kulturgeschichtlichen Entwicklung führt naturnotwendig zur Erwähnung eines Werkes, das wie nie ein anderes dazu bestimmt ist, die Vergangenheit unserer heimatlichen Erde und unseres Volkes zu beleben, zu beleuchten und zum Wissens-Gemeingut aller Luxemburger zu machen.
Ich meine die „Kulturgeschichte des Luxemburger Landes, von N. von Werveke“ von der bis jetzt vier Lieferungen im Verlag von Gustav Soupert erschienen sind.
Dies Werk krönt in monumentaler Weise die Lebensarbeit eines Gelehrten, der mit dem gründlichsten Wissen um unsere Vergangenheit gradezu imprägniert ist. N. van Werveke hat das geschichtliche Quellenstudium mit einer Leidenschaft, einer Inbrunst und dabei einer Gediegenheit, Gründlichkeit und Sachlichkeit betrieben, die sprichwörtlich bleiben werden. Man kann sagen, daß die spezifisch luxemburgische Geschichtsforschung auf seinen Schultern ruht.
Jetzt beginnt er, die Schätze zu verwerten, die er mit Bienenfleiß und scharfsinniger Erfühlung ein langes Gelehrtenleben hindurch gesammelt hat. Man liest dies Buch mit dem Empfinden, das man hat, wenn man auf sicherem Erdreich, an der Hand eines zuverkässigen Führers, zwischen Denkmälern wandelt, von denen die meisten neu entdeckt oder vom Schutt der Jahrhunderte und Jahrtausende neu gereinigt sind.
Wenn je auf luxemburger Erde ein Standard Work kostbaren Wissens geschaffen wurde, so ist es dieses.