Original

25. November 1923

Plaudern wir ein wenig über unsere Denkmäler. Die zwei ersten galten fürstlichen Personen, der Prinzessin Amalie und dem König-Großherzog Wilhelm II. Sie sind die teuersten. Aber die Bronze war dazumal noch billiger zu haben, als heute. Wir können uns Glück wünschen, daß bei ihnen Künstler von erlesenem Geschmack Pate gestanden haben. Der Direktor der Pariser «Illustration», Marc, hatte damals ziemlich rege Beziehungen zu leitenden Persönlichkeiten Luxemburgs, und seiner Einflußnahme ist es zu danken, daß jedenfalls das Wilhelmdenkmal eines der schönsten wurde, die überhaupt irgendwo in einer Provinzstadt stehen.

Das Amaliendenkmal war lange das einzige, das wir aufzuweisen hatten. So unpolitischen Wesens die Frau war, der es errichtet wurde, sie mußte in ihrem Bild öfters zu politischen Kundgebungen herhalten. Jedesmal, wenn sich der Horizont nach Osten dunkel bezog und die luxemburger Patrioten wieder die preußische Gefahr witterten, fand man eines schönen Morgens die „schwarze Muttergottes“, wie das Volk die Statue getauft hat, mit einer Pickelhaube behelmt.

Das Wilhelmdenkmal steht auf einem Platz, wo es bei jedem Aufwallen der Volksseele Zeuge geräuschvoller Kundgebungen wird. Es ist dann nicht ohne symbolischen Reiz, wie über den tosenden Volksmassen der alte König majestätisch in seiner klassischen Reiterpose thront, von seinem Gottesgnadentum durchdrungen und dennoch vor der Souveränität des Volks schwungvoll den Hut ziehend.

Eigentlich sollte hier von weniger erhabenen Dingen die Rede sein. Nämlich von dem schmiedeeisernen Geländer um das Wilhelmdenkmal. Es ist dies Geländer längst zu einer gewissen Berühmtheit gelangt durch die sicherlich erfundene Geschichte von dem späten Gast, der um Mitternacht aus dem alten Haus Anderssen über den Platz und gegen das Denkmalgitter stolperte und sich daran rund herum tastete, bis er überzeugt war, er sei eingesperrt, und über das Geländer kletterte, wo er dann erst recht nicht weiter kam.

Dies Geländer müßte eigentlich aus Bronze sein. Aber leider hat damals das Geld nicht gelangt und man begnügte sich mit Eisen. Das sind nun beiläufig 38 Jahre her. Wenn Sie dort vorbeigehen, sehen Sie sich bitte die Voluten des Geländers genau an. Sie werden feststellen, daß sie vom Rost tief angefressen sind, und daß es die höchste Zeit wäre, nach dem Rechten zu sehen, sonst bleiben von der wirklich schönen und kostbaren Arbeit bald nur noch traurige Reste übrig. Wenn ein Denkmal eingeweiht wird, wird es in der Regel der Stadt, auf deren Gebiet es errichtet ist, übergeben mit dem Auftrag, darüber zu wachen und es vor Schaden zu bewahren. Vielleicht wird durch diese Zeilen die zuständige städtische Stelle veranlaßt, sich des rostigen Denkmalgitters auf dem Knodler anzunehmen.

Am Fuß des Legionärdenkmals lehnen zurzeit zwei Tafeln aus schwarzem Granit mit Goldschrift. Sie sind sehr gut gemeint, aber sie beeinträchtigen die monumentale Wirkung. Wäre es nicht möglich, diese Tafeln an einer der drei andern Seiten aufzustellen?

Das Dicks-Lentz-Monument steht noch immer wie geliehen in jener Ecke, auf die Michel Lentz, wenn er wieder ein Gedichtchen oder eine Addition gemacht hatte, aus seinem Büro in der Rechnungskammer heraussah, ärgerlich über die Kinder, die sich in lautem, ausgelassenem Spiel draußen herumtrieben. Wäre es denn wirklich so schwer und so kostspielig, diesem Platz seinen öden, prosaischen, langweiligen Charakter zu nehmen und um das verfehlte Denkmal herum wenigstens eine schöne Pflanzung anzulegen?

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KatalognummerBW-AK-011-2517