Ein gütiger Zufall verschafft mir über die Pariser «Illustration», von der gestern hier die Rede ging, einige Daten, die besonders uns Luxemburger interessieren.
Der Gründer dieser illustrierten Zeitschrift, die in ihrer Art von keiner andern in der Welt übertroffen wird, ist in Luxemburg aufgewachsen.
Auguste Marc war Lothringer und lebte als Kind in Luxemburg bei seinem Onkel, dem Konditor Watrin, der sein Geschäft im „Knuedlergarten“ betrieb. Er war unter anderm wegen seiner vorzüglichen Makronen berühmt. Sie wurden reihenweise auf Papierblätter gelegt und so in den Ofen geschoben. Beim Ablösen vom Papier hinterließen sie auf diesem immer eine süße Spur, und nach dem alten Schöpfungs- und Haushaltungsprinzip, daß nichts umkommen darf, verkaufte Herr Watrin sein Makronenpapier für einen Sous das Blatt an die Schuljugend. Wie genügsam diese damals noch war, beweist die Tatsache, daß sogar Millionärssöhne sich glücklich priesen, wenn sie für einen Sous ein solches Blatt erstehen und abknuspern konnten.
Der Neffe dieses trefflichen Zucker- und Makronenbäckers war, wie gesagt, Auguste Marc. Er verriet schon als Kind ein außergewöhnliches Zeichner- und Malertalent. Die Familie Pescatore, die aus dem Vaterland des Mäcenas dessen Förderungsbereitschaft mitgebracht hatte, verhalf dem Knaben zu einer sorgfältigen künstlerischen Ausbildung in Paris. Um 1843 herum gründete Marc die «Illustration», die sich rasch entwickelte und später in Paris das Grund- stück kaufte, in dem ihr Betrieb bis heute geblieben ist. Es ist dasselbe Haus, in dem sich bis zur Übersiedelung der «Illustration» die Pescatore’sche Bank befunden hatte.
Auguste Marc hatte Zeit seines Lebens seine Beziehungen zu Luxemburg pietätvoll aufrecht erhalten. Er gehörte zur Jury für das Wilhelmdenkmal auf dem Knodler, ihm war es zu danken, daß der Denkmalausschuß mit den ersten Pariser Künstlern Fühlung bekam und daß schließlich dies Denkmal in seiner jetzigen Gestalt zustande kam und eine wirkliche Zierde für unsere Stadt wurde.
Die Aufwärtsbewegung, die unter August Marc’s Leitung seine Wochenschrift genommen hatte, setzte sich nach seinem Tode unablässig fort. Die «Illustration» leistet heute Unerreichtes auf dem Gebiet der graphischen Zeitdokumentierung. Dabei wirkt sie vorbildlich in bezug auf Hebung und Veredlung des Massengeschmacks. Sie trifft mit wunderbar sicherer Einfühlung den Ton vornehmer Volkstümlichkeit. Das geht freilich nicht ganz von allein, so selbstverständlich es aussehen mag. Selbstverständlichkeit ist immer ein Merkmal künstlerischer Wirkung, weil sie eine Begleiterscheinung der Einfachheit ist, aber Einfachheit in der Kunst ist nur auf den obersten Stufen vorhanden. Sie will errungen sein.
Die «Illustration» brachte kürzlich eine Nummer heraus die dem Tourismus gewidmet war. Förmlich aufschreien konnte man vor Entzücken über diese märchenhaften Städtebilder, daß so etwas in Wirklichkeit überhaupt besteht, und daß wir es so herrlich weit gebracht haben, diese Wunder in so treuer und künstlerischer Abbildung den Millionen zugänglich zu machen, die kein Geld haben, um hinzureisen. Ich denke an andere Sonderausgaben oder Aufsätze: die Nummer über T. S. F., die Arbeit über den Weitergang des Krieges, wie er von Foch geplant war usw. usw. Und ein bißchen luxemburger Patriotenstolz mischt sich in die Freude darüber, daß ein solcher Herd edelster Bulgarisierung besteht und gedeiht.