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17. Januar 1924

Die Kaserne!

Die Kaserne steht heute bei uns nicht nur am Hl. Geist-Platz, sondern im Mittelpunkt des Interesses.

Die Kaserne ist die Anstalt, in der die Söhne des LandesDie Töchter des Landes sind noch nicht kasernenfähig. Die Frauenbewegung vermochte bisher die Kaserne nicht zu erobern, nur einzelne Vorposten konnten unter dem Schutz der Nacht bis zu den Schildwachten vordringen, von denen sie nach einiger Zeit zum Rückzug veranlaßt wurden. gemeinschaftlich auf Maximalleistung gedrillt werden.

Die dabei in Anwendung kommenden Mittel sind: 1) Kniebeuge, 2) Griffe, 3) väterliche Güte, 4) Parademarsch.

Werden dabei auch Pferde verwandt, so haben wir eine Reiterlaserne vor uns.

Ist in der Kaserne eine Hebammenanstalt untergebracht, so ist es eine Artilleriekaserne.

Die Kaserne ist nicht so öde, wie vielfach behauptet wird, denn auf ihrem Hof wachsen Blüten.

Die Kaserne ist kein Musikinstrument, trotzdem sie einen Ton hat.

Der Kasernenton ist der Körperteil, mit dem Herr de Villers in der Kammer Herrn Alois Kayser auf die Nerven fällt.

Herr Kayser bekommt dann die elegischen Tränensäcke und den schmerzlichen Zug um den Mund, die schon dem „Gukuk“ an ihm aufgefallen sind.

Die Kaserne nährt sich in der Hauptsache von Disziplin, die von ihr als Exkremente in fester oder flüssiger Form als Stuben-, Mittel- und strenger Arrest abgehen. Stubenarrest wird unter allen Umständen zu den flüssigen Exkrementen gerechnet.

Die meisten jungen Leute vertragen die Kaserne gut. Einzelne vertragen sie nicht. Diese werden in der Literatur als „die Besten“ gepriesen. Sie werden zu „Zapfenstreichen“ und „Proletarierleben“ verarbeitet.

Hypertrophie des Kasernenbetriebs führt in der Regel zu Kriegen, die man, wenn man sie verliert, als „aufgezwungen“ bezeichnet.

Die Kaserne besteht nicht immer aus Mauerwerk. Es gibt auch Kasernen, die aus Papier, Idealen und Interessen bestehen. Letztere zerfallen in persönliche und allgemeine Interessen. Solche Kasernen heißen manchmal Partei, manchmal Gewerkschaft. Als Partei kommen sie im Parlament und bei Wahlen vor, als Gewerkschaft bei Ausständen, auf internationalen Friedenskongressen und in den Reden des Herrn Peter Krier.

Wenn in einer Kaserne alle Insassen sich für Offiziere halten und keiner mehr Soldat spielt, so ist das Ideal erreicht.

Für die Kaserne von gegenüber!

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KatalognummerBW-AK-012-2559