Original

23. Januar 1924

Der Tod knirschte wütend mit den Zähnen, als die Menschen immer wieder sagten: Stärker als der Tod ist die Liebe!

Er schlich der Liebe auf den Fersen nach und wo sie Leben säte, streute er tückisch grinsend seinen schwarzen Giftsamen mit hinein.

Die Menschen waren feig. Was der Tod an der Liebe im Geheimen verbrach, wagten sie nicht offen zu bekämpfen.

Wer öffentlich den Feind, den Mörder Hunderttausender beim Namen nannte, erregte Ärgernis.

Als aber der tückische Feind so mächtig wurde, daß sein Todesreich sich über die Welt erstreckte, da ging es nicht mehr anders, da mußte vor ihm in aller Öffentlichkeit bange gemacht werden.

Die Kunst wurde zu Hilfe gerufen, und in Frankreich schrieb Brieux seine «Avariés», die den Vogel Strauß beim Hals packten und ihm den Kopf aus dem Sand rissen.

Im Kino wurden, allerdings nur vor geladenem Publikum - Behörden aller Arten und Stufen - die Geschlechtskrankheiten in ihrer Entwicklung gezeigt. Dabei wurde der große Fehler gemacht, daß hauptsächlich aufs hingearbeitet wurde. Es wäre nicht zu verwundern gewesen, wenn nach einer solchen Vorführung ein junger Mann der Liebe und Ehe schaudernd abgeschworen oder, wenn er angesteckt war, Selbstmord begangen hätte.

Es kommt vor allen Dingen darauf an, die Wahrheit zu sagen. Nicht nur auf die Gefahr hinzuweisen, sondern auch auf die Heilungsmöglichkeit, man kann heute schon von Heilungssicherheit reden.

Aber die Wahrheit muß gesagt werden, so laut und so überall, daß sie sich im Bewußtsein der Allgemein- heit festsetzt, daß über die Schliche und Schw@ dieses verruchten Feindes allgemein Klarheit her@ Der Krieg mit all seinen Schrecken ist harmlos @ das Unheil, das die Syphilis in die Welt bring@

Unter dem Patronat der „Belgischen Nation@ gegen die venerische Gefahr“ wird eine umfa@ Aufklärungs-Propaganda gemacht. Ich sah @ Plakat, das von dem bekannten holländischen K@ ler Louis Raemaekers stammt. Es ist von bru@ Eindringlichkeit. Der Tod in Gestalt einer Groß@ dirne im Federhut, den eine Riesenspinne bild@ den obszönen Händen einen Totenschädel, rundhe@ so weit das Auge recht, Grabkreuze, und dar@ dieses Entsetzliche: «La syphilis tue chaque@ 14 000 Belges, autant qu’une année de guerre@

Die Wissenschaft versagt in ihrer Propagand@ gegen einen solchen Feind. Sie kommt nicht a@ Massen heran. Was ist natürlicher, als daß @ Kunst, die göttliche Tochter und Bundesgenossi@ Liebe, ihr gegen den Giftmischer zu Hilfe eilt@

Ein junger Belgier, Charles Schauten, der @ seine Mutter ein halber Luxemburger ist, hat @ nachdem er vom Konservatorium mit einem @ Preis abgegangen, der gefährlichen, aber verdi@ vollen Aufgabe gewidmet, im Dienst der gen@ Liga von der Bühne herab den Kampf gege@ tückischste Gefahr zu führen, die je die Men@ bedreht hat.

Der Bretone Loïc Le Gouriade@ hat ein vier@ Drama geschrieben, «Le mortel baiser», das @ Brutalität, ohne pathologische oder klinische @ heiten, ohne die mindeste Unschicklichkeit die @ heit in eindringlicher Weise zu sagen weiß, das @ die innere Ergriffenheit des Autors und durch @ lich dramatische Situationen den Zuhörer pa@ in bezug auf die Hauptsache diejenige moralis@ geistige Atmosphäre schafft, aus der herau@ Kampf geführt werden muß. Dies Stück hat @ Schauten mit seiner vorzüglichen Truppe i@ zähligen französischen und belgischen Städten@ geführt.

Die französische und belgische Presse aller @ tierungen widmet dem Werk und den Darß@ einstimmiges Lob.

Es wäre für uns ein luftreinigendes E@ wenn dies Evangelium der Wahrheit, der Be@ von einem ekelhaften Albdruck bald auch von @ städtischen Bühne vernommen würde.

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KatalognummerBW-AK-012-2564