Es war immer verpönt, vom Wetter zu reden. Heute redet man vom Frankenkurs, wie man früher vom Wetter redete, und es hat nicht mehr Zweck und ist nicht geistreicher, als die Rede vom Wetter.
Wetter und Frankenkurs sind von Dingen abhängig, die für uns in dem einen Fall grade so unberechenund unbeeinflußbar sind, wie in dem andern. Wir erfahren, daß sich irgendwo ein Hoch- und Tiefdruckgebiet herausgebildet hat - die Börsen und Wetterwarten verzeichnen sein Vorhandenfein und seine Verschiebungstendenz, aber wie es sich bewegen und entwickeln wird, das sagt uns keiner, und die es am besten wissen oder wissen könnten, sagen es erst recht nicht, aber sie richten sich für ihre Person darnach und sind auch nicht immer sicher, daß sie trocken unter Dach kommen.
Das Wetter und der Frankenkurs haben noch andere Berührungspunkte. So zum Beispiel daß bei beiden der Wunsch der Vater des Gedankens ist. Wenn jemand Samstags abends die feste Zuversicht ausspricht, daß es Sonntags herrliches Wetter sein wird, so ist hundert gegen eins zu wetten, daß er mit seinem Schatz einen Ausflug in den Wald machen will. Versichert ein anderer unter Berufung auf seine dicke Zehe, die ihm als Barometer dient, daß es Sonntags Bindfaden regnen wird, so verlaß Dich drauf, er hat seine Schwiegermutter zu Besuch und darf den ganzen Sonntag nicht ausgehen.
Übersetze diese Beobachtungen auf das Gebiet der Devisenbörse. Jemand begegnet Dir, bringt die Rede auf den Franken, zieht den Mund krumm und rümpft die Nase, als ob ein Lastwagen mit Limburger Käse vorbeiführe: Der Franc! Ha! In drei Monaten zahlen wir eine Milliarde Francs für den Dollar! Es ist ja gar nicht anders denkbar. Die Inflation! Die Steuerpolitik! Die Abhängigkeit vom Ausland! Usw. usw. usw.
Frage ihn, seit wann er sich auf die Franc-Baisse festgelegt hat.
Ein andrer klopft Dir auf die Schulter und sagt: Abwarten und Tee trinken. Ich habe nie fester an den Franc geglaubt! Der Franc ist das Gesundeste, wo man hat. Ich glaube an ihn, wie die Quisel an den Herrgott!
Der hat ganz bestimmt einen Haufen Francs liegen, die er nicht mehr rechtzeitig loswerden konnte.
In Bayern kannten sie schon seit Jahren das sogenannte Wetterschießen. Durch Böllerschüsse in die blaue Luft hinein werden Erschütterungen verursacht, die eine Ballung von Wolken bewirken und das Ergebnis kann eine Art Gewitterregen sein.
So ein Wetterschießen gegen den Franc wurde von Berlin aus inszeniert. Es war die Attacke auf den Franc, die lange vorher angesagt war und schon deshalb ihren moralischen Erfolg verfehlte. Wir sind die Taktik vom Krieg her gewöhnt. Aus allen Fronten wurden Truppen zusammengezogen, ein entscheidender Durchbruch war geplant, die Presse machte Stimmung und blies Siegesmärsche vorne und hinten, einen Moment sah es nach etwas aus und dann war es wieder nichts. Und das deutsche Volk sah ein, daß es wieder einmal hinters Licht geführt war. Der Augriff auf den Franc sieht diesen Durchbruchsversuchen verdammt ähnlich. Wetterschießen!
Der englische Wetterwinkel steuert immer weniger zum deutschen Hochdruckgebiet bei. Der Poker-Partner jenseits des Kanals sieht ein, daß er geblufft wurde. In den englischen Blättern ertönt Wehgeschrei, weil Krupp die englischen Großindustriellen in Indien um 25 Prozent unterboten hat. Die Presse rechnet aus, daß der Engländer 29 Pfund Sterling pro Kopf Steuern bezahlt, um seinen Staatskredit zu stützen, der Deutsche nur 3 Pfund, trotz seiner Milliardenschulden an die Sieger, und daß er trotzdem die Stirn hat, mit der Edelvaluta seiner Rentenmark die Komödie eines Staates mit unversehrtem Kredit zu spielen, und daß die deutsche Großindustrie die Stellung, zu der ihr England durch sein Mißtrauen gegen Frankreich verholfen hat, jetzt mißbraucht, die englische Konkurrenz auf ihrem eigenen Markt aus dem Feld zu schlagen.