Original

22. März 1924

Verehrter Herr Druckfehlerteufel!

Sie wissen elensowenig von Geschichte und Geographie, wie von griechischer Mythologie. Sie verstümmeln den Ramen der Göttin der Gesundheit und Sie torkeln gradezu in der Orthographie herum, wenn es sich um den Namen eines historischen alten Schlosses handelt, das durch eine königliche Heirat mit Hindernissen in der Geschichte berühmt geworden ist. Statt Langeais nennen Sie es bald Langrais, bald Langrois, und Gott weiß was Sie, für diesmal im Schilde führen!

Damit Sie ein wenig besser aufpassen, will ich Sie an die näheren Umstände jener Heirat erianern. Der französische Dauphin, der später König Karl VIII. wurde, war im Frieden von Arras, 1482, in seinem zwölfren Lebensjahr, mit der Tochter des deutschen Kaisers Maximilian, der Erzherzogin Margarete, verlabt worden. Als er aber in die Jahre kam, wo man sich seine Verlobte lieber selber wählt, gefiel ihm seine französische Landsmännin, Anna von Bretagne besser. Nur hatte sich diese inzwischen mit dem künftigen Schwiegervater des jungen Karl, eben jenem Kaiser Maximilian, durch Prokuration vermählt. Dem dramatischen Konflikt, der sich ergeben hätte, wenn Karl später ein Techtelmechtel mit seiner Schwiegermutter angefangen hätte, zog er eine glatte Lösung vor. Er machte dem Kaiser Max die Anna abspenstig, heiratete sie selber und schickte die Erzherzogin Margarete, die am französischen Hof auf ihre königlichen Pflichten vorbereitet wurde, ihrem kasserlichen Vater wieder zurück. Die Hochzeit sand auf eben jenem Schloß Langeais statt, von dem wir gestern meldeten, daß in seiner Nachbarschaft Herr Alexis Greisch eine Walddomäne von 640 Heltar auf Abholzung gekauft hat.

Es sei ihm verziehen. Erstens, weil er hoffentlich ein gutes Geschäft dabei macht, zweitens weil es sich in der Hauptsache um Fichtenbestand handelt. Wenn wir hier Wald sagen, denken wir immer an Buchen und Eichen. Fichtenwälder kennen wir nur als Handelsobjekt, nicht als integrierenden Bestandteil der Landschast, als ästhetischen Faktor, als Gemütswert.

Drittens. Denn es gibt ein Drittens. Herr Alexis Greisch hat den festen Vorsatz kundgegeben, seiner luxemburger Heimat im Herzen Frankreichs, unweit der Loire mit ihren herrlichen Schlössern und inmitten der Weinberge, in denen der köstliche Vouvray wächst, ein Denkmal zu setzen. Ein Denkmal, wie es einer Holzhändlerfirma gemäß ist, die neben dem Geschäft auch fürs Gemüt etwas übrig hat.

In jenem Waldkomplex, um den es sich handelt, stehen nämlich uralte Fichtenveterane, riesiger noch, als die im Clerfer Schloßpark. Von diesen will Herr Greisch die allerschönste stehen lassen und mit einem Gedenktöfelchen versehen, das an die Freundschaft zwischen beiden Ländern erinnert. Und wer von uns dann einmal die schöne Loire hinauf oder hinunter pilgert, wird im Schatten der luxemburger Fichte bei Langeais an die Heimat denken und ein Glas Vouvray auf das Gedeihen der luxemburger Konkurrenz trinken können.

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KatalognummerBW-AK-012-2613