Eben standen sie wieder vor der Bank an dem Fenster, wo der junge Mann die Kurse an die schwarze Tafel anschreibt.
Man müßte an der Welt verzweifeln, wollte man nicht annehmen, daß einmal eine Zeit kommen wird, wo man über dies Treiben von heute mitleidig die Achseln zucken wird.
Der einzige valutabeständige Faktor im Verkehr der wirtschaftlichen Werte ist die Arbeit und darf nur die Arbeit sein.
Da die Arbeit verschiedener Art und Qualität ist und auch bei ihr das Gesetz von Angebot und Nachfrage nicht auszuschalten ist, muß natürlich angenommen werden, daß um den Arbeitslohn gefeilscht wird.
Sobald sich aber die Arbeit in Referre umgesetzt hat, dürfte ihr Wert keinen Schwankungen mehr ausgesetzt sein. In andern Worten die Ersparnis müßte unbedingt vor Entwertung sichergestellt sein.
Heute kann es vorkommen, daß Du Dein Leben lang schustest, um nachher bei abnehmenden Kräften keinem zur Last zu fallen. Du hast es erreicht. Du hast Dir eine Rente zusammengespart, auf der Du zur Not leben kannst. Da sitzt irgendwo in der Welt ein Börsenspekulant, dem es einfällt, auf der Währung Deines Landes ein Geschäft zu machen. Die Spekulation ist in der Finanz, was die Elektrizität in der Dynamik ist. Sie gestattet die Wirkung in die Ferne. Und so kannst Du auf hundert, tausend, zweitausend Kilometer von einem Mann bestohlen werden, den Du nicht einmal dem Namen nach kennst, den Du nie gesehen hast und nie sehen wirst. Er hat Dir sozusagen die Beine unterm Stuhl wegspekuliert und Du liegst hilflos am Boden.
Wie ist das möglich? Durch die Valutaschwankungen, natürlich. Schematisch geht es so: Nach der Naturalienwirtschaft kommt die Geldwirtschaft, „das Geld und das Gold und das Wertpapier - Ist unsres Leben Elixker.“ Der Umtrieb in Handel und Wandel steigert sich so, daß eines Tages nicht mehr gemünztes Gold in genügender Menge vorhanden ist. Der Staat druckt zur Aushilse Banknoten. Die Bürger geben und nehmen die Banknoten, weil darauf gedruckt steht, daß sie dafür jederzeit Gold eintauschen können. Der Staat aber denkt: Alle miteinander werden sie nicht kommen, um ihre Scheine auszulösen, sonst hätte es keinen Wert gehabt, sie zu drucken. Nehmen wir einmal an, im schlimmsten Fall muß ich ein Drittel aus lösen. Also lege ich Goldreserve für ein Drittel hin.
Solange geht alles tadellos. Aber es kommt Krieg, Mißwirtschaft usw. Und dann geht die schöne Rechnung langsam in die Brüche. Weil die Bürger und die Fremden kein Vertrauen mehr in die Einlösefähigkeit des Staates haben, sinkt der Wert seiner Banknoten, je mehr der Wert sinkt, desto mehr müssen es Banknoten sein, und je mehr es werden, desto tiefer sinken sie im Wert. Und da entsteht ein Zustand, der so kindisch lächerlich ist, daß man in späteren Zeiten nicht begreisen wird, wie sich die Welt damit abfinden konnte. Er besteht in einer Art von prozentualer Verzapfung des öffentlichen Zutrauens. Das Zutrauen ist aber etwas, was keine prozentuale Staffelung verträgt. Man hat es oder man hat es nicht. Wenn jemand zu mir sagt: „Pump mir bitte hundert Franken, ich geb’ sie dir morgen wieder,“ so werde ich nicht antworten: „Ich traue dir für 50 oder 25 oder 75 Prozent, also pumpe ich dir 50, 25 oder 75 Franken.“ Sondern ich werde entweder sagen: „Hier hast du deine hundert Franken,“ oder ich werde sagen: „Bedauere unendlich, ich habe grade nur noch 27 Sous in der Tasche.“
Da ist also die Valutaschwankung, das heißt die prozentuale Dosierung des Zutrauens, das sonst auch Kredit genannt wird, ausgeschlossen.
Warum ist es einem Staat gegenüber anders? Entweder hat man in seine Zahlungsfähigkeit und seinen Zahlungswillen Zutrauen und dann nimmt man seine Banknoten zum vollen Wert - oder man hat dies Zutrauen nicht und dann nimmt man seine Banknoten überhaupt nicht, das heißt in andern Worten, der Staat ist bankrott. Es ist grotesk, daß ein Staatswesen noch auf Weiterbestand Anspruch erhebt, wenn es nur noch den dritteltrillionsten Teil vom normalen Zutrauen der Menschheit besitzt.
Nur müßte es bei solcher Bankrotterklärung des Staates ausgeschlossen bleiben, daß die vergangene, in Reserve umgesetzte Arbeit nachträglich entwertet würde.
Das wäre nur möglich, wenn alle Währung internationalisiert würde, also zum Beispiel, wenn das Recht der Banknotenausgabe von den einzelnen Staaten auf den Völkerbund überginge.
Und da liegt ein Hauptgebiet, auf dem seine Vorteile und seine Notwendigkeit nachgewiesen werden können.