Original

24. April 1924

Kennen Sie einen General Pappenheimer?

Ich auch nicht.

Trotzdem belästigt mich dieser - ich kann schon sagen - dieser Mensch nun schon seit mehreren Tagen.

Er kommt, wie Sie vielleicht wissen, in einem alten Kneiplied vor:

Der Genral Pappenheimer der soll lebenDer Genral Pappenheimer lebe hochBeim Bier und beim WeinLustge Pappenheimer wolln wir seinBeim Wein und beim BierLustge Pappenheimer seind wir!

Das Lied hörte ich kürzlich abends an einer fröhlichen Taselrunde wieder singen, und seither ließ mich der Genral Pappenheimer nicht mehr los.

Er legte sich abends mit mir zu Bett und stand morgens mit mir auf.

Als mich morgens meine Tante fragte, wieviel Uhr es sei, antwortete ich ihr:

Der Genral Pappenheimer, der soll lebenDer Genral Pappenheimer lebe hoch!

Meine Tante war beleidigt. Vielleicht wird sie mich sogar enterben.

Den ganzen Tag war mir General Pappenheimer dicht auf den Fersen. Ich versuchte ihm zu entgehen, indem ich mich in die frische Luft begab und an einem öslinger Bach entlang Forellen zu angeln versuchte. Meine Schnur flog durch die Luft im Takt des Genral Pappenheimer, schön gestreckt nach hinten, schön gestreckt nach vorn. Sprang eine Forelle nach meiner march brown, gleich meldete sich der Genral Pappenheimer; zappelte die Beute im jungen Frühlingsgras, sang es triumphierend aus mir heraus: Der General Pappenheimer der soll leben, Der Genral Pappenheimer lebe hoch - und das Rauschen des Baches gab die Weise mit Orchesterbegleitung wieder. War mir ein schöner Fisch losgekommen, sang ich ebenfalls: Der Genral Pappenheimer, der soll leben - aber natürlich mit ganz andrer Betonung, mit Zorn und Ärger in der Stimme, wie wenn ich sagen wollte: Den Genral Pappenheimer hol der Teufel!

Dauerte es länger, bis ein Anbiß kam, so gelangte ich bis zu den folgenden Versen: Beim Bier und beim Wein, Lustge Pappenheimer wolln wir sein - Minuten, Viertelstunden, halbe Stunden lang. Der Genral Pappenheimer wurde gar nicht müde, hoch zu leben. Immer wieder nahm ich mir vor: Dies war das letzte Mal! Und im nächsten Augenblick war der Pappenheimer wieder im Bild.

Ich wollte ihn vertreiben. Ich erinnerte mich, daß mir vor Jahren das Lied von der schönen Daisy tagelang nachgegangen war. Also begann ich die Daisy zu singen. Daisy, Daisy! Es kam ordentlich flehertlich heraus. Daisy komm rette mich vor diesem langweiligen Genral Pappenheimer - flieh mit mir on a bicycle built for two! Eine Strophe lang hielt die Daisy stand, dann verblaßte sie wieder vor meinem Verfolger. Ich versuchte es mit andern Weisen, die dafür bekannt sind, daß sie sich in der Erinnerung versilzen. „Und zum Schluß - Schuf der liebe Gott den Kuß“, oder: „Monte là-dessus!“, oder gar: „We have no bananas“ - alle waren wirkungslos gegen die Klebekraft des Generals Pappenheimer. ....................

Ich werde es jetzt einmal mit dem „Guter Mond“ probieren.

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KatalognummerBW-AK-012-2640