René kam in gehobener Stimmung eine Stunde früher aus der Schule. Ein Lehrer war krank.
„Ist er arg krank?“ frug die Mutter.
„Oh, e werd wuel bei Metz iwer de Gueder gohen,“ sagte René.
„Was bedeutet das?“
„En aß um Ge’psen,“ entgegnete René mit der Ruhe eines Statistikers.
„René, spricht man so gefühllos von einem kranken Nebenmenschen!“
„Das kommt in den besten Familien vor,“ meinte René. „Kennst du die Geschichte vom Seimchen? So nannten sie den Maler Franz Seimetz in einer Familie, wo er manchmal auf Besuch war. Eines Tages wurde er unpäßlich und mußte im Bett liegen. Der kleine Pim, der Jüngste des Hauses, besuchte ihn und erkundigte sich nach seinem Befinden. Als Pim darauf zu seiner Mutter kam, sagte er: „Mama, ech mengen de Seimche geht kabott.“
„Aber René, das wird ja immer schlimmer mit dir. Wo hast du solche Manieren ......“
„Oh, ich weiß noch viel schönere Geschichten, und aus den besten Familien. Soll ich dir die Geschichte von der Großmutter erzählen?“
René wartete die Erlaubnis nicht ab und erzählte. Als er fertig war, schlug seine Mutter entrüstet mit der Rechten nach ihm, ohne zu treffen. Sie sagte: „Pfui, René!“, sprang auf, bekam einen Hustenanfall und lief hinaus, indem sie sagte, es müsse in der Küche etwas angebrannt sein.
Als sie wiederkam, waren ihre Augen feucht und sie hustete von Zeit zu Zeit heftig, indem sie sich abwandte und behauptete, es habe in der Küche geraucht.
„Was gibt es denn zu Mittag?“ frug René.
„Ein gutes Süppchen, dann Sauerbraten mit Makkaroni.“
„Besser an ’t Döppe gespaut ewe’ klor Waßer,“ äußerte sich René.
„Paßt dir die Kost etwa nicht?“
„Dach, ech hun e Fock we’ e gepandt Perd!“
„Aber René, du Rohling, was fällt dir ein, dich so proletarierhaft auszudrücken!“
„Bast de vum Lemmes gebaß?“ frug René dagegen.
„So ’ne Unverschämtheit! Was soll das heißen!“
„Bitte, das ist der Leibspruch eines unserer beliebtesten Professoren. Es heißt soviel, wie bist du verrückt.“
Die Mutter war einer Ohnmacht nahe.
„René, ich sag’s deinem Vater!“
„Oh vreck!“
Das schlug dem Faß den Boden ein. Mittags erstattete die Mutter dem gestrengen Herrn Papa Bericht und dieser nahm den Jungen vor:
„Also wie kommst du dazu, dich deiner Mutter gegenüber auszudrücken, wie ein .... wie ein ....“
„We’ e Weedsfong,“ half René weiter.
„Ich glaube, ich muß dir einmal gründlich den Schopf beuteln. Wo hast du diese Redensorten her?“
„Bittei“ sagte René und drapierte sich in die Würde der beleidigten Unschuld, „wir haben in unserer Klasse einen Verein zur Erhaltung der kernigen Muttersprache!“