Original

13. Mai 1924

„Das freudige Herz“ heißt ein Büchlein in hoffnungsgrünem Einband, auf dessen Deckel ein Weidmann durch den Wald ins Hifthorn stößt. Sein Hut ist mit Eichenlaub bekränzt und ihm zur Seite läutet seine Brake. Der Verfasser, vielmehr Herausgeber, ist Ludwig Benninghoff, Dichter und Schriftfteller, Leiter der Deutschen Bühne in Hamburg. (Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg.)

Weß Geistes Kind er sei, künden allerhand Aussprüche, die in seinem Geleitwort enthalten sind, wie zum Exempel: „Freude ist die Gewißheit von Kraft. Die heilige Zuversicht in unserm Blut, daß das Leben nicht stirbt.“ .... „Wir Menschen sterben. Ewig aber ist das Leben! So freuet Euch denn! Das heißt: gebt das Leben an die Zukunft weiter!“ .... „Wir sind die gespannte Sehne zwischen Vergangenheit und Zukunft. Die Kraft dieser Spannung heißen wir Freudigkeit.“ .... „Wesentliches der Freude ist Zuversicht und Wissen um Ewigkeit.“

Und um nun an seinem Teil, nach seinem Wort, ein Stück Leben an die Zukunft weiterzugeben, bringt Ludwig Benninghoff sein Büchlein „Das freudige Herz“ heraus.

Es ist ein Querschnitt dürch die Seele eines guten Deutschen, eines von denen, die von sich aus nie die Frage hätten aufzuwerfen brauchen: Warum hassen uns die Völker? Denn diese kann man lieb haben. Das Buch vom freudigen Herzen ist geistiger Extrakt. Wenn ich wüßte, daß ich morgen auf eine einsame Insel verschlagen würde und nur ein einziges Buch mit nehmen dürfte, ich glaube, dieses nähme ich mit. Es gleicht in seiner Zusammenstellung der Ausrüstung eines Nordpolfahrers. Fast alle sind darin vertreten, die mir in Stunden der Einkehr die liebsten waren und sind. Und was von ihnen da steht, ist aus dem Besten, was sie der geistigen Menschheit geschenkt haben: Goethe, Claudius, Eichendorff, Hebbel, Herwegh, Hutten, Kleist, Liliencron, Hermann Löns, Martin Luther, Nietzsche, Raabe, Fritz Reuter, Hans Sachs, Schakespeare, Stister, Strachwitz, Uhland, Walter von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach usw. usw. Und dazwischen Bilder von Ludwig Richter, Lukas Kranach, Hans Holbein, Menzel, Franz Pocci, Reihel, Moritz v. Schwind usw.

In der deutschen Nachkriegsliteratur ist Vieles Allzuvieles, was deutschredende Ausländer verschnupft,@ weil es offen oder versteckt polemisch auftritt und allzu absichtlich und nicht immer taktvoll der deutschen Sache Freunde zu werben sucht. Dies Büchlein von Ludwig Benninghoff ist klüger. Es läßt für Deutschland Stimmen reden, an deren Wohlklang und Aufrichtigkeit die Welt gewöhnt war, ehe es einen Hugo Stinnes, einen Kapp, einen Ludendorff und andere gab, die vom Vogelweider, von Goethe, Nietzsche, Luther und Hutten, Eichendorff und Raabe weltenweit abliegen.

Wer sich das, was er am deutschen Wesen hochzuhalten gewöhnt war, nicht will verekeln lassen, wie an diesem Büchlein vom freudigen Herzen seine Freude erleben.

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KatalognummerBW-AK-012-2656