Original

15. Juni 1924

Ein Abgeordneter sprach kürzlich in der Kammer von der mißlichen Lage der Zollbeamten. Er wollte sagen: Die Zollbeamten sind in einer höchst unsicheren Stellung und wissen nicht, was sie darin anfangen sollen. Das kleidete er in folgende Worte:

„Les douaniers sont comme l’oiseau sur la branche et ne savent sur quel pied danser.“

Dem Ernst der Lage zum Trotz kann man nicht umhin, sich auszumalen, wie zum Beispiel Simon im „Gukuk“ dies bildlich darstellen könnte: Ein Grenzaufseher, der auf einem Reis balanciert und sich verzweifelt fragt, ob er auf dem rechten oder linken Fuß foxtrotten soll.

Man soll also im Gebrauch der Sprichwörter vorsichtig sein. Sehr oft sind sie keine Wehrwörter und weit davon, der Ausdruck der internationalen Völkerweisheit zu sein. Und wenn man sie auf Herz und Nieren prüft, merkt man, wie sie daneben treffen.

Das Wort vom Vogel auf dem Reis ist zum Beispiel eines der volkstümlichsten und meist gebrauchten und auf den ersten Blick scheint es wirklich auszudrücken, was man damit bezeichnen will: jemand, der in unsicheren Verhältnissen, des nächsten Augenblicks ungewiß, zwischen heute und morgen und die kommenden Dinge warten muß, sagt man, sitze wie der Vogel auf dem Reis.

Wenn man aber den Vogel auf dem Reis fragt, ob er den Vergleich passend finde, so gäbe er sicher zur Antwort: „Ganz und gar nicht. Mein Sitzen auf dem Reis ist mir durchaus adäquat, können von mir nichts anderes erwarten. Auf dem Reis bin ich, wo ich hingehöre, und da ist mir wohl viel wohler, als zu ebener Erde, wo Eures Bleiben ist. Ich bin eben ein Vogel, das Reis ist mein Heim, meine Ruhestätte. Ich verlange nicht, zu woh ich verlange, zu fliegen. Das Sitzen auf dem Reis ist mein natürlicher Status, und wenn einem zumute ist, wie einem Vogel auf dem Reis, ist er dazu zu beglückwünschen. Euer Sprichwort @ von einer falschen Prämisse aus. Ihr müßtet @erm Sinn sagen: Er sitzt, wie die Schnecke auf @Reis. Die Schnecke ist an den Boden gewöhnt, @as „Wohnen“ ist ihr Lebensinhalt. Wenn Ihr @Schnecke auf ein Reis setzt, ist sie @otunglücklich @enkt nur daran, wieder in ihr Häuschen zu @en. Da hättet Ihr das Bild, wie Ihr es Euch @llt, aber mit dem Vogel auf dem Reis als @nis des Unstäten seid Ihr gründlich auf dem @eg.“

@würde der Vogel sagen, und er hätte von seinem @punkt recht.

@ dem andern Teil des eingangs angeführten @uchs verhält es sich ähnlich. „Er weiß nicht, @elchem Fuß er tanzen soll,“ ist ebenfalls ein @ Vergleich, denn man tanzt nicht auf einem @ sondern auf beiden, und es gibt sogar junge @ die dafür bekannt sind, daß sie oft auf dreien @en tanzen, nämlich auf den zwei eigenen und @ bezw. beiden Füßen ihrer Tänzerin.

@ übrigen sei unsern Zollbeamten von Herzen @scht, daß in allernächster Zeit jeder Anlaß @inde, mit Bezug auf sie derartige unerfreu@Vergleiche zu gebrauchen.

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KatalognummerBW-AK-012-2682