Kreuziget ihn, schlagt ihn tot, hängt ihn auf, werft ihn in die Wolfsschlucht, à la chaudiè-è-è-re!
Nämlich den Schnaps.
Zeitweilig ging dieser Tage in der Kammer das Lied aus obiger Tonart. Es ist zu hoffen, daß die Kinder im Trintinger Tal nicht alle Kirschen essen, und daß aus dem Rest noch einige Hundert Liter Kirschwasser gebrannt werden können, das in Feierstunden seinen Duft mit dem des Mokka mischt und wehmütig an die gute alte Zeit erinnert.
Der Schnaps, sagen sie, sei an allem Elend in den Familien schuld.
Warum sagen sie dasselbe nicht zum Beispiel von der Ehe?
Es ist zweifellos etwas Erhabenes um die Ehe, aber wenn sie nicht bestände, gäbe es keine unglücklichen Gatten. Viele kennen eben für die Ehe die Gebrauchsanweisung nicht, und statt sich das Leben zu versüßen, machen sie es sich zur Hölle. Daran ist nicht die Ehe, sondern daran sind die Eheleute schuld.
Fern sei es von mir, das Heiraten mit dem Schnapstrinken gleichzustellen. Aber hier wie dort sollte man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten.
Non colae, sed vitae discimus. Damit ist festgestellt, daß zwischen Schule und Leben ein grundlegender Unterschied besteht. Was für die Schule vortrefflich ist, taugt nicht fürs Leben. Komme muß sein, auch im Leben, aber man sollte es im Leben doch nicht immer mit der en Methode versuchen, daß die ganze Klasse Hockes kriegt, wenn ein paar Schüler sich nicht zu benehmen wußten. Und man sollte den Schnaps nicht mit Stumpf und Stiel rotten wollen, weil es Leute gibt, die davon nicht den richtigen Gebrauch zu machen wissen.
Ein Tröppchen in Ehren. .... Wäre es auch nur als Schlafmittel. Das Lexikon empfiehlt als Schlafmittel: Fußbäder, fteige, starkes Bier, alten Wein vor dem Schlafengehen, Brom, Chloral, Sulsonal usw. In Leipzig, wo das Lexikon gemacht wird, wissen sie nichts von altem Quetsch und Kirsch und Korn, sonst stände hinter dem alten Wein sicher ein alter Schnaps. Und Du, lieber Leser, wenn Du gesund bist und hast die Wahl, Du sicher als Schlafmittel auch lieber ein gebranntes Wasser, als ein Fußbad oder ein Schlaspulver. Abgesehen davon daß der große Nietzsche vom vielen Bromkalk verrückt geworden sein soll.
Das ganze Schnapsübel kommt von der übergroßen Massenhastigkeit in Ergung und Verbrauch. Wie ja Massenhaftigkeit überhaupt das Verderbnis ist. Wie haben unsere trefflichen Kleinbrenner, die den Edelschnaps erzeugen. Dieser ist nun einmal nicht zu den durststillenden Getränken zu rechnen. Alkohol, der Geist, der ißt sich nicht mit Löffeln und trinkt sich nicht wie Wasser.
Aber Amerika? Ja, Amerika ist ein Sonderfall. Die Amerikaner haben von wegen des Schnapses ein schlechtes Gewissen. Sie haben seinerzeit mit Feuerwasser die Jndianer zugrunde gerichtet - den großen Geist durch den kleinen Geist - und fürchten nun die Rache. Sie wollen den Schnaps verbannen, und er hinwiederum rächt sich für die Schande der Verbannung, durch die Moonshiner, die das Volk mit Fusel aus allerhand Verstecken heraus vergiften.
Denen brauchen wir es nicht nachzumachen.