Original

15. Juli 1924

Seit Jahr und Tag werden in unserer Stadt anhaltend Straßen aufgebuddelt. In immer kürzeren Zwischenränmen kommen Gruppen von Männern mit Spitzhacken und Schaufeln, werfen tiefe Gräben auf, schichten Gebirgsketten von Erdhaufen die Bürgersteige entlang, und niemand weiß, wann das aufhören, ob es überhaupt jemals, aufhören oder nicht vielmehr zu einer ständigen städtischen Einrichtung sich auswachsen wird.

Niemand macht sich darüber seine Gedanken.

Da las ich dieser Tage in der „Daily Mail“ vom Freitag, 11. Juli, eine Geschichte, bei der ein ungeheuerlicher Verdacht in mir aufstieg.

Wie! Wenn am Ende .....!

Doch ich will nicht vorgreifen und Ihnen lieber erst die Geschichte erzählen.

„Gestern abend, während die London Traffie Bill in zweiter Lesung zu Verhandlung stand, wurden im Oberhous, lustige Geschichten über die Leichtigkeit erzählt, mit der irgendein Witzbold in London eine Straße aufwerfen kann, ohne im geringsten belästigt zu werden.

Lord Montagu of Beaulieu gestand seinen Kollegen einen Streich, den er vor zwanzig Jahren ausgeführt hatte und heute reuevoll „ein Verbrechen“ nennt. Eines Tages unterhielt er sich mit Freunden über die Ungentertheit, mit der in London irgendeine Behörde eine beliebige Straße aufreißen konnte, und er behauptete bei dieser Gelegenheit, wenn ein beliebiger Mann sich ein paar Gerüststangen, Lampen und Spitzhacken verschaffte, so könnte er mit einigen als Arbeiter verkleideten Freunden jegliche Straße in London absperren und ausgraben.

Ein Freund machte den Vorschlag, sie sollten mit Bond Street oder Picadilly-Circus beginnen, aber Lord Montagu machte geltend, daß das den Verkehr zu arg stören würde, und so entschied man sich für Throgmortonstreet-Ecke. Sie begannen die Straße aufzuwersen und sechs Tage hindurch zeigte sich niemand, der sich dafür interessierte.

Am siebenten Tag kam jemand vom City Surveyor’s Department und begann seine Nachsrage. Seine Behörde schrieb an alle Stellen, die überhaupt für ein Aufreißen der Straßen in Betracht kamen, aber alle erklärten, von dem Fall nichts zu wissen. Inzwischen gähnte das Loch in der Throgmortonstraße zehn Tage lang weiter.“

Wie, wenn sich in Luxemburg Spaßvögel erkühnten, es Lord Montagu nachzumachen!

Möglich wäre es schon.

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KatalognummerBW-AK-012-2706