Original

20. Juli 1924

Irgendwo standen die Scheffel’schen Verse angeschrieben: „Nun reicht mir Stab und Ordenskleid - der fahrenden Scholaren.“

Und weiter klingt es: „Jetzt kommt die Zeit, da ich wandern muß. ....“

Ein Bild aus alten Tagen: Der junge Mann steht vor seinem Elternhaus und nimmt von Vater und Mutter Abschied. Er hat den Hut der Wanderburschen auf, der aussieht, wie ein verwildeter und verbauerter Zylinder mit senkrechten Falten. Ein Sträußchen steckt daran. Der junge Mann hat den Kittel um die Lenden eingegürtet, die Hosenbeine in die Stiefel gesteckt, und trägt in der Hand einen Ziegenhainer und übergeschnallt einer Felltornister mit der haarigen Seite nach auswärts.

Dazu gehört dann natürlich die Straße, die schöne alte Wanderstraße, an der die hohen Pappeln entlang stehen, bis sie fern im Hintergrund mit den beiden Reihen fast zusammenkommen; wo es still und einsam ist, wo man nur die ländlichen Geräusche von Vieh und Ackergerät und grölenden Kuhbuben hört, vielleicht daß ganz von weither ein verlorener Lokomotivpfiff herüber flattert - ab und zu fährt ein Wagen vorbei, steht eine Schenke am Straßenrand, ein paar Dörfer liegen im sommerlichen Schweigen, und ganz am Ende der Etappe kommt das Stödtchen, in dem man zu Trunk und Atzung und Rast einkehrt.

Schlagt Euch das alles aus dem Kopf.

Ich trug in mir die Erinnerungen an fröhliche Räubertage über schöne, schattige Straßen mit freundlichen Dörfern, - Frisingen, Rüttgen, Diedenhofen, Metz, Nancy - das weite grüne Tol mit den fruchtbaren Hängen und den italienisch anmutenden Dörfern auf den Höhen, den Obstgärten, den hängen, den langen Strecken, auf denen es sich so wonnig hinflitzte, dem Gasthaus in Marbache, wo wir uns aus dem kühlen Quellbecken die Fische holten und backen ließen, der treue Caro uns die Schnauze aufs Knie legte und geduldig wartete, bis wir ihm den Fischkopf ins Maul warfen, wo der mit Draht verkorkte Vin gris und das weiße Kranzbrot für die Fruchtbarkeit der Gegend Zeugnis ablegten.

Jetzt kam ich nach Jahrzehnten zum ersten Mal wieder desselben Weges. Das Tal ist noch so weit und so grün, wie dazumal, die Höhen tragen noch dieselben Dörfer mit den mattrotgrauen Ziegeldächern und dieselben unendlichen Weizenselder, die sich braungolden in der Julisonne färben - aber die Straße! Mir kommt es vor, als siehe von Diedenhosen bis Rancy ein Haus, ein Dorf, ein Fabrikschlot am andern, als seien dazwischen alle stillen, einsamen Strecken vom Getriebe verschlungen, als sei diese ganze Straße wie ein Abzugskanal der Gegend, der allen Schweiß und Schmutz und Staub, alle Mühen und Sorgen, Neid und Haß und Leidenschaften, Gier und Riedertracht dahinschwemmte, während auf den Höhen ringsum Stille, Reinheit, Harm@ Zufriedenheit wohnten. Und das Gastha@ bache ist auch nicht mehr dasselbe, es @ gewöhnlicher, unfrischer geworden, und @ @me Tou@aint ist übertüncht und es @ Benoit am Giebel.

Ich fürchte, in fü@g Jahren ist es @ @hönen Landstraßen @au so. Schon he@ von Dommeldingen bis Beggen und dar@ Haus an Haus. B@ld wird die Reihe @ dingen reichen, bis Linigen, bis Mersch, @ brück, Diekirch, die ganze Sauer hinunte@ noch und Wasserbillig und die Mosel @ Scheugen, Conz@ Diedenhofen. Die Me@ eingefangen sein in einem engmaschigen @ Häuserreihen. Ich denke es mir nicht schö@ freue mich wieder einmal, daß ich nicht @ der @wige Jude, bin.

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KatalognummerBW-AK-012-2710