Es ist wieder ein Buch erschienen, das man „gelesen haben muß“.
Gewitzigte Leser sind gegen derlei Bücher im allgemeinen ziemlich mißtrauisch. Meist mit Recht. Hier sicher mit Recht.
Es handelt sich um ein neues Tarzan-Buch. Es ist das dritte, vierte, siebzehnte oder siebenunddreißigste in der Reihe. Darauf kommt es nicht an. Es ist entstanden kraft der sprichwörtlichen Weisheit, daß man das Eisen schmieden muß, solange es warm ist. Auf die Gefahr hin, daß zuletzt Blech daraus wird.
Diesmal ist Blech daraus geworden. Ein höchst minderwertiges, dünnes Blech. Das Buch heißt: „Tarzans Tiere.“
Der Amerikaner E. R. Burrough hat die Stn gehabt, vom Genre Märchen- und Dschungelbuch den Sprung in eine Welt zu tun, die er als wirkliche Welt vorspiegelt und die aus lauter blasser Phantasterei gebaut ist.
Sein erstes Tarzan-Buch, in dem er die Grundlage zu den folgenden schaffte - dachte er überhaupt an eine weitere Ausschlachtung? - war komponiert. Es verblüffte durch die Kühnheit seiner Voraussetzungen und fesselte durch die Lebhaftigkeit und Neuheit der Schilderungen. Man konnte annehmen, der Verfasser habe in grotesker Übertreibung der Übermenschen nach dem Ideal von heute darstellen wollen. Das Buch las sich amüsant, stellenweise aufregend, man hatte vor sich selber allerlei Entschuldigungen dafür, daß man sich davon fesseln ließ, trotzdem es einem Unglaubliches zumutete. Und er ging dadurch eine Ader von Humor.
Die folgenden Tarzan-Bücher fielen ob. Das letzte ist nur noch deshalb merkwürdig, weil es entschieden mit aller literarischen Tradition bricht. Es ist das erste Buch eines Schriftstellers von einigem Ruf, das die Literatur restlos und demütig dem Kuss ausliefert.
Wir haben es hier auf den ersten Blick mit einem dreisten Bluff zu tun, denn dieser Roman ist weiter nichts, als das Scenario zu einem Film, bei dem die Menagerie die Hauptakteure stellt.
Tarzan - Lord Greystole nebst Frau und Kind wird von einem russischen Modell-Schurken durch die ganze Welt, speziell durch die afrikanische Wildnis, wo sie am wildesten ist, verfolgt.
Da schafft er sich Bundesgenossen aus seiner früheren Umwelt. Sheuta der Leopard und eine Musterriege von Menschenaffen helfen ihm, die Feinde bekämpfen, die der Russe ihm auf die Fersen hetzt. Er spricht mit ihnen, sie verstehen ihn und antworten ihm. Die Brücke zwischen Vernunft und Unvernunft ist mit kühner Füllseder geschlagen. Tarzan selbst vollführt Bravourstücke, bei denen alle Grenzen menschlicher Muskelkraft und unter anderm das Gesetz der Schwere nebst vielen andern Naturgesetzen aufgehoben sind. Der Verfasser hat jedenfalls ausprobiert, was dressierte Affen und geübte Akrobaten an Höchstleistungen zu bieten imstande sind, und seinen Roman demnach eingerichtet, indem er um dies grobe Gerüst herumdrapierte, was ihm an Romantik und Gruseln noch zu Gebote stand.
Wenn der Film einmal hier gedreht wird, sehen Sie sich ihn an. Aber lesen Sie nur, wenn Sie Sinn für literarische Klosa haben.