Die „Gesammelt Wierker vum Dicks“, deren Herausgabe Professor Dr. Lucien Koenig namens des „Letzeburger Nationalinstitut“ im Anschluß an die Dicks Jahrhundertfeier vom Sommer vergangenen Jahres und mit finanzieller Unterstützung der Regierung besorgt hat, liegen nunmehr mit dem eben erschienenen dritten Band vollständig vor.
Es hat mit diesem Schlußband eine eigene Bewandtnis. Dicks hatte bekanntlich allerhand gedichtet, was nicht direkt für höhere Töchter bestimmt war. Es konnte die Frage entstehen, ob derlei Gedichte und Sprüchlein in die Jubiläumsausgabe Aufnahme finden sollten. Es zeugt für erfreuliche Unbefangenheit beim Herausgeber, daß er sich durch keine kleinliche Prüderie zu einer Art Pürgierung des Dicksschen Nachlasses bewegen ließ. Es hätte übrigens keinen Zweck gehabt. Denn alle diese Liedchen und Verse, die hätten beanstandet werden können, waren längst Gemeingut und im Volksmund lebendig. In einer Ankündigung dieses dritten Bandes hieß es seinerzeit, er werde die witzige Ader des Dichters im vollen Fluß zeigen und sei, was ausdrücklich betont wird, nicht für Kinder, sondern für die Erwachsenen bestimmt. Es stellt sich heraus, daß es gar nicht so schlimm ist. Wenn es einmal skabrös wird, findet Dicks mit sicherem Geschmack den Ausdruck, der humorvoll sagt, was zu sagen ist, ohne anzustoßen oder unästhetisch zu wirken.
Der Herausgeber rechtfertigt in einem Nachwort mit anerkennenswertem Freimut die Aufnahme einzelner Stücke. Im selben Zusammenhang bekennt er, daß zwei oder drei Gedichte fehlen, die Dicks offenbar „an der e’schter Roserei“ geschrieben hat und die „so gepfeffert sind“, daß sie auf den Wunsch der Familie wegblieben.
Abgesehen von dem Inhalt, insoweit er von Dicks stammt, enthält das Bändchen - und auch dadurch ist es besonders wertvoll - einen Anhang, in dem die Berichte, Artikel, Vorträge, Reden gesammelt sind, zu denen seinerzeit die Dicksfeier den Anlaß gab. Mit welcher Gründlichkeit und welchem Sammlerfleiß der Herausgeber zu Werk ging, ergibt sich zum Beispiel aus einem „Kalenner vun der Dicksfeier am Jor 1923“, der vom 23. Januar 1923 bis September 1924 alle Kundgebungen, die mit der Dicksfeier zusammenhängen, chronologisch aufzählt. Es wäre unmöglich gewesen, dieser schönen Feier im Andenken der Luxemburger ein dauernderes Denkmal zu setzen.
Nun aber zur Hauptsache.
Wer dies abschließende Bändchen der gesammelten Werke unseres volkstümlichsten heimischen Schriftstellers zur Hand nimmt, muß sich sagen, daß damit die Arbeit, mit der Dicks unserm Volk ganz zu eigen gegeben werden soll, nicht abgeschlossen ist. Die Jahrhundertfeier von 1923 war nicht ein Finale, sondern ein Auftakt. Unzählige Male wurde im Laufe der Vorbereitungen dazu betont, daß nun die Zeit gekommen sei, dem Vater der luxemburger Volksdichtung den Denkstein zu setzen, den ihm seine Freunde und Verehrer schon gleich nach seinem Tode setzen wollten. Das Geld dazu war gesammelt, aber es kam leider nicht zu der Ausführung des Vorhabens, wie es zuerst gedacht war. Mit dem DicksLentz-Denkmal sind alle beide um die Ehrung betrogen, die ihnen zugedacht war.
Alle, die an der Veranstaltung der Dicksfeier beteiligt waren, konnten wahrnehmen, wie populär der Gedanke eines Denkmals für Dicks war: Nicht eines pompösen Kitsch-Monumentes, über das Dicks in der Ewigkeit selber ein Spottliedlein dichten würde, aber eines bescheidenen, originellen Kunstwerks, das für seine Art Zeugnis ablegen und der Stadt zur Zierde gereichen würde.
Jetzt, wo jeder Luxemburger leicht in den Besitz der Werke von Dicks gelangen kann, wo er also auch materiell Gemeingut des Volkes geworden ist, jetzt ist es an der Zeit, daß wir an ihn die Ehrenschuld abtragen, die jedes Kulturvolk seinen Besten gegenüber gerne auf sich nimmt.