Man muß die Feste seiern, wie sie fallen, dachte ein guter Freund der Zeitung und eingewurzelter Altluxemburger. Setzte sich hin und schrieb uns, daß heute, den 11. Dezember 1924, vor genau 59 Jahren die Großherzogliche Musikgesellschaft „Concordia“ gegründet wurde. Und das kam so:
Damals war die „Harmonie“ einer der ersten und mitgliederreichsten Vereine der Stadt.
Harm? Oh nie! interpretierte ihren Namen einst auf einem Karnevalsprogramm der Gründer und Redakteur der „Wäschfra“, der ehrwürdigen Vorgängerin des „Gukuk“, der talentvolle Charles Becker. Die „Harmonie“ pflegte damals Gesang, Theater und Musik. Aber die Musikanten waren den Sängern ein Dorn im Auge, und diese waren darauf aus, sie abzuschütteln. Am 11. Dezember 1865 fand eine Generalversammlung statt, in der es sehr stürmisch herging. Der sederweiße Fünfundsechziger kostete damals fünf Sous das Liter, erzählen die alten Leute, und er wird nicht wenig zur Befeuerung der Stimmung beigetragen haben. „Fort mit der Musik, sort mit dem Blech!“ ertönte das Feldgeschrei der Nursänger, und nach heftiger Debatte ersolgte in geheimer Abstimmung die Lostrennung der Musiksektion.
Die wackeren Musikanten waren darob weder erbost noch entmutigt. Die meisten von ihnen verließen den Saal, gefolgt von verschiedenen Sängern und inaktiven Mitgliedern. Noch am selben Abend beschlossen sie unter sich die sofortige Gründung einer neuen Musikgesellschaft. Hieß die Mutter „Harmonie“, so wollten sie nicht weniger die Einigkeit pflegen und nannten die Tochter „Concordia“.
Schon am folgenden Abend, 8 Uhr, fand eine Versammlung statt in der Schmiede des Herrn Alb. Praum in der Nordgasse, oder wie es damals noch allgemein hieß, im Kidzak, wofür Herr Schliep sicher eine keltische Ethymologie gefunden hätte, trotzdem cul-de-sac so nahe liegt. Den Vorsitz führte Herr Notar Jacques Graas. Auf der Tagesordnung stand die Bildung der neuen Gesellschaft. Nachdem Herr Graas den Anwesenden für ihr pünktliches und zahlreiches Erscheinen gedankt und ihnen eingehend die Schwierigkeiten der Neugründung auseinandergesetzt halte, wurde ein provisorischer Ausschuß gewählt, dem folgende Herren angehörten: Jacques Graas, Präsi- dent, J. P. Graas. Vizepräsident, Nik. Schummer, Kassierer, Alb. Praum, Jos. Fischer, H. Florian, Mitglieder, Mathias Beaucolin, Selretär. Diese wurden mit der Ausarbeitung der Vereins-Statuten und mit allen nötigen Anordnungen zur endgültigen Bildung der Gesellschaft betraut.
Nachdem man so dem gesteckten Ziel um einen großen Schritt näher gerückt war, wurden vor Schluß der Versammlung von den anwesenden Musitern mehrere Stücke vorgetragen, darunter die „AmboßPolka“, wozu auf dem Amboß des Herrn Praum der Takt gehämmert wurde.
Damit war der Grundstein der neuen Gesellschaft gelegt.
Sie hatte anfangs mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen. da ihr keine Subsidien zuflossen und sie ganz auf die Freigebigkeit hochherziger Gönner, Protektoren und Ehrenmitglieder nebst den Beiträgen der aktiven und inaktiven Vereinsmitglieder angewiesen war.
Heute, nach neunundfünfzig Jahren, kann die „Concordia“ mit Stolz ihren Namen nennen und auf eine reiche Vergangenheit zurückblicken. Sie hat allen Stürmen siegreich getrotzt, sie sah um sich herum, in der Stadt und in deren nächster Umgebung, acht neue Musik-Vereine entstehen, und jedesmal splitterten dabei eine Anzahl der besten Kräfte vom Mutterstamm ab. Indes gelang es der „Concordia“ jedesmal durch treues Zusammenhalten ihrer Kerntruppe, durch fleißiges Üben und durch stetiges Heranbilden neuer Schüler, die entstandenen Lücken rasch wieder auszufüllen, sodaß sie auch heute noch zu den besten Fanfaren der Stadt und des ganzen Landes gehört.
Leider war es ihr nicht vergönnt, im Dezember 1915 ihr fünfzigjähriges Stiftungssest zu begehen, wie es bei andern städtischen Vereinen stets mit großem Pomp geschehen konnte. Durch den plötzlichen Kriegsausbruch, durch den Einfall der deutschen Truppen im August 1914, die Besetzung des Landes durch fremdes Militär, das sich überall Herr und Meister machte, die Verteuerung und Knappheit der Lebensmittel, wurde die „Concordia“ gezwungen, das geplante fünfzigjährige Jubiläumssest aufzugeben.
Nun ist, wie rechtens, für 1925 das Sechzigjährige in feste Aussicht genommen und wird hoffentlich nicht wiederum durch Kriegsnöte vereitelt werden.
Allen Angehörigen des Vereins, vor allen aber den noch lebenden Gründungsmitgliedern sei als Krönung einer so schönen Laufbahn, wie sie selten ein Verein aufzuweisen hat, für das geplante Fest im vorans ein glänzender Erfolg gewünscht.